Rezept für Seefeufelbäcken im Schweinenetz gegart, mit Wirsing und Safransauce und eine Erklärung, was Umami ist und wer es erfunden hat
Was heißt Umami und wer hat es erfunden? Von Seeteufelbäckchen im Schweinenetz mit Wirsing...
Kikunae Ikeda (nicht verwandt oder verschwägert mit Ikea) untersuchte Anfang des 20. Jahrhunderts einen besonderen Geschmack, bzw. dessen Fülle, die er Fleisch, Tomaten und reifen Käsesorten gleichermaßen zuordnete.
Er fand heraus, dass diese besondere Geschmacksfülle durch eine Aminosäure hervorgerufen wird, die Glutaminsäure, umgangssprachlich Glutamat. Interessanterweise finden sich die höchsten natürlichen Glutamatkonzentrationen in der menschlichen Muttermilch, aber auch in Tomaten. Man vermutet, dass dieser angenehme Geschmackszustand der Aufnahme von Proteinen dient, wobei ich mir bezüglich eines besonders hohen Proteingehaltes von Tomaten nicht sicher bin.
Vijay Sapre, Herausgeber der Effilee, ist in seiner Geschichte "Lecker ist auch nur ein weißes Pulver" dem Wesen und Geschmack von Umami nachgegangen. Er übersetzt dort den Begriff "umami" mit lecker. Ich persönlich erkläre es mir und anderen immer mit dem Wort "fleischig-füllig".
Wohl jeder der kocht kennt das:
Das Gericht ist eigentlich fertig, aber da fehlt etwas. Diese winzige Kleinigkeit für das allumfassende Wohlgefühl im Mund. Dieses Runde. Die Fülle. Manche greifen dann zu Glutamat in seiner reinsten Pulverform. Und wer wie ich einmal einen Kochkurs für chinesische Küche belegt hat, weiß, was sorgloser Umgang mit Glutamat bedeutet. Ich rette mich in diesen Fällen meistens mit demi-glace, diesen kleinen Geschmacksglutamatbomben aus meiner eigenen Herstellung.
Angestoßen durch die Kommentare in meinem Post vom Damwild im Schweinenetz und meinem Dafüreintreten, dieses Netz für die Zubereitung von Fisch zu verwenden, habe ich wie versprochen das Experiment mit den Seeteufelbäckchen im Schweinenetz durchgeführt.
Im Gegensatz zu den Bedenken anderer finde ich den Geschmack, den ein geschmolzenes Schweinenetz am Kochgut hinterläßt keinesfalls "schweinisch". Für mich bleibt dort Umami, die vielbeschworene Geschmacksfülle zurück. Meine bisherigen Versuche beschränkten sich auf Heilbutt, das habe ich vor Jahren bei Tim Mälzer gelesen und mit großem Geschmackserfolg nachgekocht.
Von 9 Seeteufelbäckchen wickelte ich aber nur meine drei ins Netz- sicher ist sicher
Dabei habe ich Teile vom Netz verwendet, in denen die "Nähte" besonders fein waren.
Begleitet wurden die Bäckchen mit und ohne doppelten Boden von Wirsing, der dieses mal auch von mir besonders fein geschnitten wurde, sowie einer Umami-Safransauce.
Für diese wurden 500 ml heller Kalbsfond aus dem TK geholt und
mit 50 ml Noilly Prat versehen. Über ca. 40 Minuten hinweg habe ich die Flüssigkeit langsam auf ca. 250 ml reduziert. Unter weiterer ständiger Reduzierung kamen 200 g Rahm dazu, sowie Safranfäden. 2 Mal die Menge auf dem Löffel. (ca. 0,4 g).
Am Ende blieben 3 Saucenportionen über, also von der Ausgangsmenge betrachtet nicht viel. Aber so intensiv, dass wir am Ende die Sauce mit den Fingern vom Teller geschleckt haben.
Zurück zu den Bäckchen:
Ich habe etwas Butterschmalz sehr heiß werden lassen und die mit Pfeffer und Salz gewürzten 3 Netz-Bäckchen unter schnellem Wenden in der Pfanne angebraten. Herausgenommen (einen Tacken zu spät, wie sich herausstellte) und im Ofen warmgehalten. Dann die anderen Bäckchen angebraten.
Mit dem sautiertem Wirsing angerichtet.
Fazit zu den Seeteufelbäckchen, geschmort im Schweinenetz
Die zeitliche Abstimmung zwischen Bäckchen mit Netz und Bäckchen ohne Netz war suboptimal. Die Netz-Bäckchen waren nicht mehr glasig, da ihre Wartezeit auf die Kollegen wohl etwas zu lang war. Das passiert mir nicht noch einmal, denn die Trennung wird es nicht mehr geben. Wir waren uns alle einig, dass die Bäckchen mit Netz denen ohne geschmacklich weit voraus waren. Sie haben immer noch ganz deutlich nach Seeteufelbäckchen geschmeckt und doch fülliger. Fleischiger, soweit man das bei Fisch sagen kann. Umami eben.Etwas war noch seltsam, unabhängig von der Zubereitungsmethode. 3 der Bäckchen hatten so etwas Sehniges, eher wie ganz feste Gallertmasse, das unmöglich war zu essen. Fast wie die dicke Fettsehne vom Rumpsteak. Im rohen Zustand war das nicht ersichtlich. Komisch, das hatte ich noch nie. Kennst Du das? Interessanterweise war keines der Bäckchen mit Netz davon betroffen. ;)
Genießt euren Tag!
Apropo Wirsing.
AntwortenLöschenGestern gab es hier Ihren Schrumpfkopf-Wirsingkohl, und er war sehr sehr lecker.
Vielen Dank für das Rezept.
Frau-Irgendwas-ist-immer
ich hätte nen anderen Fisch genommen,da die Lotte-Backen eh recht fest im Fleisch sind, hast Du das teure Schweinenetz umsonst gebraucht!
AntwortenLöschenDie sehen verteufelt gut aus. Seeteufelbäckchen stehen immer noch auf meiner ewigen Erstkochliste.
AntwortenLöschenPS: das sehnige etc, Gruss an den Fischhändler, die Teile muss man gut säubern und genau diese Teile herausschneiden....Haut hat er sicher auch drangelassen?
AntwortenLöschenErstens: Ich habe gelesen "...Darmwild im Schweinenetz" und fand das so lustig, dass ich das jetzt in meinen Wortschatz übernehme.
AntwortenLöschenZweitens: Anthony Bourdain hatte auch öfter mal ein Päckchen Umami im Hemdsärmel.
Drittens: 1a-Fisch!
Also mir scheint das auch nicht gesäubert genug gewesen. Die Spanier schwenken die Teile langsam in der gebutterten Pfanne,so etwa 10-15 Minuten, dann sine die butterzart. Nachdem unser barcelonesischer Fischhändler das mal geklärt hat, gelingen die Teile auch immer bei uns. Wichtig scheint zu sein, die Teile ständig zu bewegen.
AntwortenLöschenRichtig, chezuli!
AntwortenLöschenSchliesslich sind Seeteufel Wiederkaeuer!
Die Sauce sind toll aus und so ein fettes Netz kann niemals schaden.
Wenn nur mal die Fummelei nicht waer...
...irgendwann sach ich watt dazu, irgendwann. Fischbacken, und die dann noch im Fettrand von Schweinedärmen eingewickelt...ich sach´ da irgendwann watt dazu ;-)
AntwortenLöschenMeinen Segen hast du für die Backen im Netz. Nicht umsonst quellen Kochbücher über von Rezepten mit Fisch in Kombination mit derben Schweinswürsten oder geschmorten Bauchstücken. Zu dem kräftigen Wirsing, aber auch anderen kräftigen Gemüsen ist das toll.
AntwortenLöschenBei feinen, dezenten Sorten würde ich vermutlich die netzfreie Sorte vorziehen. Alles hat seine Berechtigung.
Danke fürs Testen :o)
Mir hat´s diese Schweinenetz-Sache ja jetzt voll angetan. Bin schon gespannt was der Metzger da wieder zu sagt ;-) In meiner Fantasie betrete ich den Laden, er verdreht die Augen und sagt: "Was darf´s denn Heute wieder sein - vielleicht mal´n Schweinenetz?" Darauf sag ich dann: "Gerne, und dazu Seeteufel-Bäckchen" Muahahahahaha!
AntwortenLöschenBoah.
AntwortenLöschenDa guckt man mal eine Woche lang nicht hier her, weil es fast den ganzen Monat ruhig war, und dann steppt hier der Bär!
Ich les den Rest trotzdem erst morgen! So!
Achso, und den Wirsing hätte ich gern auch.
Umami - schwer greifbar.
AntwortenLöschenWieviel Glutamat wird denn in so einem Schweinenetz sein? Ich koche auch immer wieder mit bösen Fetten wie Schweineschmalz. Oder Gänseschmalz im Blaukraut. Das ist Umami ... *grübel*
Das glaub ich das es schmecken wird den Fisch mit dem Schwein zu umwickeln. Gute Idee.
AntwortenLöschenhmmmm... lecker. ich habe gerade deinen blog entdeckt und werde dich mal "verfolgen" ;)
AntwortenLöschenliebe grüße,
rike
Seeteufel, noch dazu Bäckchen? Das ist ja kein richtiger Fisch sondern Fleisch und passt natürlich in ein Schweinsnetz ;-)
AntwortenLöschen@Frau irgendwas ist immer:
AntwortenLöschenWar es der mit dem Käse? Sehr fein, freut mich, wenn es geschmeckt hat!
@Bolli:
es ging im Gegensatz zum Heilbutt im Schweinenetz hier mehr um den Geschmack, das dieses an die Bäckchen bringen sollte, weniger, um diese zu schützen. Die Haut war bis auf ganz wenige Stellen entfernt. Die Bäckchen kamen von der Metro, wo sie die letzten male sehr gut waren.
@Christina:
Darmwild ist nicht schlecht! :)
Dammwild war auch schon ein Vorschlag in der Familie, verbunden mit der Frage, ob das Rehe vom Bahndamm wären.
@Chezuli:
ich habe noch mal in meine Rezeptaufzeichnung vom letzten Mal geschaut. Da habe ich die Bäckchen in Butter geschwenkt, bis sie rundherum leicht angebraten waren und danach in den 70°C warmen Ofen geschoben. Ca. 10 Minuten. Sie waren wunderbar und das deckt sich ein wenig mit der von Dir beschriebenen Zubereitungsmethode. Allerdings wurden sie nicht die ganze Zeit bewegt und ich bin mir auch nicht sicher, ob das das Geheimnis ist.
@Heike:
AntwortenLöschenDie Fummelei hält sich in Grenzen. Einmal ausgebreitet und dann in Portionen geschnitten und eingefroren macht das Netz jetzt keinerlei Probleme mehr.
@Claus:
hey! gezz sach doch auch mal was dazu!
@Suse:
wie schon im anderen Post erwähnt, einen Zander würde ich nicht hineinwickeln oder eine Seezunge. Aber dem Heilbutt hat es gutgetan wg. Trockenheit und den Bäckchen für den Geschmack.
@Alex:
:))
Dein Metzger wundert sich sicher schon, mit was Du immer um die Ecke kommst in der letzten Zeit.
Da muss er durch, würd ich mal sagen!
@Hesting:
Immer aufpassen, sonst verpasst Du das Beste! :)
Fritz:
Ich weiß gar nicht, ob so ein Netzt besonders glutamathaltig ist. *grübel
Aber es hat halt diesen "fleischigen" Geschmack gegeben, daher meine Beschreibung "umami".
Fett ist ja immer ein großer Geschmacksträger.
(leider)
@Barcalex:
probiers mal aus und berichte!
@Lamiacucina:
manche Dinge sind wirklich schwer vorstellbar, dazu gehört, dass Du bisher noch keine Seeteufelbäckchen zubereitet hast.
@zuckersüß:
Danke Rike und willkommen! Viel Spaß hier!
@Eline:
so einfach ist das! Ende der Diskussion, ob Netz oder keins! :))
Und woraus genau ist jetzt so'n Schweinenetz?
AntwortenLöschen@Mestolo:
AntwortenLöschenuiiii, das ist so gar nichts für die vegetarische Küche! :)
Beim Schweinenetz handelt es sich um reines Fettgewebe aus dem Bauchfell des Tieres.
also diese Fischbäckchen schmecken uns teuflisch gut, wie ich finde auch ohne Netz. Aber irgendwann wird ein Netz ins Büdchen geschmuggelt, mal sehen was ich darin verpacke...
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