Côte de bœuf | Ochsenkotelett (sous vide) mit gebackenem Romana und Sauce Béarnaise mit Anis-Ysop
Die richtige Menge
Du erinnerst Dich an das österliche RARI-Food-Fleischpaket des verfressensten Kindes der Welt? Nun, in diesem befand sich unter anderem besagtes côte de bœuf von Laschori mit satten 700 g, das seitdem bei -30°C im Kälteschlaf lag. Ich kann jetzt nur beten, dass unsere Tochter im hohen Norden diesen Beitrag nicht liest, denn selbstverständlich wollte sie mitessen - aber verfressen wie sie ist, hätten die 700 g für uns drei eh nicht ausgereicht; wenn P. und sie am Esstisch aufeinander treffen dürfen Fleischmengen bekanntermaßen nur noch in Kilogramm gerechnet werden.
Der richtige Zeitpunkt
Da der Zeitpunkt unseres gemeinsamen Abendessens nicht genau feststand habe ich mich spontan zur sous vide-Zubereitung entschlossen. Es gibt kaum entspannteres Vorbereiten in der Küche als bei diesem Verfahren - von Schmorgerichten mal abgesehen. Das sanft aufgetaute Fleisch kam in einen Beutel, begleitet von 50 ml dunklem Kalbsfond aus dem TK-Vorrat, einem Rosmarinzweig, einem EL Öl von hier und einer zerdrückten Knoblauchzehe. Bei 53°C garte es sanft für 4 Stunden vor sich hin...
Besser der Salat schwitzt, als die Köchin!
Derweil durften geviertelte Romana-Herzen mit etwas Olivenöl beträufelt in einem Gemisch aus Salz und Zucker vor sich hinziehen (Ganz ähnlich wie beim roh marinierten Spargel im eigenen Sud hier oder dem gebackenen Radicchio hier). Im Ofen brauchten sie dann noch ca. 30 Minuten bei 160°C, um würzig-weich zu werden.
Sauce mit Brown'scher Bewegung
Sauce Béarnaise ist kein Hexenwerk und doch die köstlichste und fast einzige Sauce, die ich zu gebratenem Rindfleisch mag. Meine Rezeptur ist denkbar einfach und verzichtet auf den Einsatz geklärter Butter, in mehreren eigenen Vergleichsreihen mit geklärter und ungeklärter Butter konnte ich keinen geschmacklichen Unterschied feststellen. Ein Induktionsherd erspart das Wasserbad. Für 2 - 4 Personen (also vier normale oder zwei aus dem hiesigen Haushalt) verwende ich
- 1 Schalotte
- 1 frisches Lorbeerblatt
- 2 Pfefferkörner, entweder weißer Sarawak oder getrockneter grüner Malabar-Pfeffer, von dem die Sorte Karimunda besonders aromatisch ist
- 4 EL trockener, säurearmer Weißwein
- 3 EL milder Weißweinessig oder Estragonessig
- 1 EL Sherryessig
- 3 Eigelb
- 200 g kühle Butter
- 50 g Estragon, möglichst französischer. Dieser ist milder und doch intensiver im Geschmack und die Blättchen sind sehr viel feiner und zarter als die seines russischen Verwandten. Dafür glänzt letzterer mit Winterhärte
- 50 g Kerbel - das ist der Klassiker, hier und heute kam Anis-Ysop zum Einsatz
Wein und Essig werden in einen Topf gegeben, die klein geschnittene Schalotte ebenso dazu wie Lorbeer und Pfeffer, sowie die Stiele des Estragons und des Kerbels. Ich koche alles auf und lasse es dann langsam auf die Menge von 1 EL einreduzieren. Anschließend siebe ich den Sud und streiche dabei die beigegebenen Gewürze gut aus. Zurück auf dem Herd schlage ich mit der Schlagscheibe des ESGE-Zauberstabes (ersatzweise ein Schneebesen) die Eigelb unter und kann bis hierhin die Sauce vorbereitet stehen lassen. Kurz vor dem Servieren montiere ich stückweise die kalte Butter ein, wichtig ist, dass die Sauce nicht mehr aufkocht, ansonsten stockt das Ei. Mit zimmerwarmer Butter funktioniert es genauso, ich bilde mir allerdings bei kalter Butter mehr Cremigkeit und Bindung ein. Hierzu empfehle ich Dir als Exkurs mein Posting der Rezepte vom Supperclub für die Sendung "Abenteuer Leben" und dort vor allem die Diskussion in den Kommentaren mit meinem geschätzten Leser Heinz zu Einsteins Theorie der Brown'schen Bewegung. ("Je kräftiger man diese kleinen Butter (Fett)-Kügelchen in eine Sauce einschlägt, desto dicker wird diese. Mit kalter Butter gebundene Saucen bilden Suspensionen. Dass die Fettkügelchen getrennt bleiben und sich nicht verbinden, liegt an grenzflächenaktiven Molekülen, die stets an den Schnittflächen zwischen Fett und Wasser sitzen. Die Kälte der Butter hilft auch: Sie kühlt die Sauce ab und verlangsamt dabei die Bewegungsgeschwindigkeit (Diffusion) der Moleküle und Fetttröpfchen erheblich." Quelle)
Der Anis-Ysop ersetzte mir den Kerbel, da dieser derzeit mit dem Wachsen kaum hinterher kommt, die Spargelsaison hat ihm arg zugesetzt :) Auf der Suche nach einer Alternative aus meinem Kräutergarten bot der Anis-Ysop sich an, da er dem Kerbel mit seinen Anisnoten ähnelt. Was erst nur Ersatz sein sollte, erwies sich als geschmacklicher Volltreffer, so dass der Anis-Ysop in Zukunft sicher öfter in die Bresche springen darf.
Der Anis-Ysop ersetzte mir den Kerbel, da dieser derzeit mit dem Wachsen kaum hinterher kommt, die Spargelsaison hat ihm arg zugesetzt :) Auf der Suche nach einer Alternative aus meinem Kräutergarten bot der Anis-Ysop sich an, da er dem Kerbel mit seinen Anisnoten ähnelt. Was erst nur Ersatz sein sollte, erwies sich als geschmacklicher Volltreffer, so dass der Anis-Ysop in Zukunft sicher öfter in die Bresche springen darf.
Fleisch aus der Tüte!
Nach 4 Stunden kam das côte de bœuf aus dem Bad, auch 5 Stunden hätten ihm nicht geschadet - was soll passieren bei 54°C, ein Übergaren ist unmöglich. Mit einer Einschränkung: Jeder, der schon einmal sous vide gegartes Fleisch gegessen hat, weiß um dessen besondere Textur. Kaum wahrnehmbar verändert sich Stunde um Stunde die Fleischfaser hin zu mehr Cremigkeit, nicht nur wird das jeweils gegarte Stück besonders zart, nein - es erhält einen Biss, bzw. Nicht-Biss, wie er nur im sous vide Verfahren erreicht wird. Das muss man mögen, denn das Kernige eines konventionell gegarten Steaks geht im Wasserbad sukzessive verloren. Ich habe schon ein im Wasserbad völlig überlagertes Hüftsteak gegessen, das war zwar immer noch durch und durch rosa, floss mir aber auf der Gabel und vor allem im Mund auf eine ausgesprochen unangenehme Art auseinander. Aber ob 4 Stunden oder 5 - das macht hier und heute keinen Unterschied.
In gusseiserner Pfanne schmolz Kakaobutter bei hoher Temperatur und in dieser habe ich das côte de bœuf rundherum (auch hochkant!) angebraten. Das Ergebnis war perfekt gegartes Fleisch, butterzart, durch und durch rosa.
Gewürzt wurde das Fleisch am Tisch lediglich mit Sylter Meersalz, dem ersten deutschen Meersalz, gewonnen aus Nordseewasser, und der Pfeffermischung "Sieben" von Ingo Holland. Ein Essen, wie wir es lieben. Einfach köstlich im Wortsinn. Wenige Zutaten, diese von herausragender Qualität, zubereitet ohne Chichi und angerichtet ohne Blumenwiesen. Wir wollen gut essen, nicht spielen!
Die flüssige Begleitung
Dazu tranken wir einen Côtes du Ventoux: Vieille Ferme, der ungefähre Zweit-, Dritt- oder gar Viertwein von den Perrin Brüdern vom berühmten Château de Beaucastel in Châteauneuf-du-Pape, eine Cuvée aus Syrah, Grenache und Mourvèdre. Würzig, beerig und saftig; ein Wein mit einem so ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis, wie er mir nur selten begegnet. Idealer Begleiter zu kurzgebratenem Rindfleisch und diversen sommerlichen Grillvergnügen. Kaufen, Marsch Marsch!
Liebe Astrid,
AntwortenLöschenSchön, dass du als Profi damit der geklärten Butter bestätigst. Ich habe die bisher auch nie geklärt musste mich aber Diskussionen aussetzen und werde dich jetzt immer als Referenz angeben ;)
Echt, beim Induktionsherd braucht man kein Wasserbad mehr? Interessant...
Ich hab übrigens am Freitag einen Coq in Riesling eingelegt und Sonntag zubereitet...ich weiß echt nicht warum ich davor immer so ne angst hatte...es ist wirklich soo viel entspannter als viele andere Gerichte. Es ist nie zu spät zum Lernen. Ich gelobe hiermit feierlich: ich werde mehr schmoren. DANKE fürs angstnehmen.
Vg isa
Liebe Isa, ich hatte neulich einen Spitzenkoch zu Gast und habe Onglet mit Sauce Béarnaise gemacht. Er, der nicht für Schmeicheleien bekannt ist, hat meine Béarnaise als die Beste gelobt, die er seit langem gegessen habe. Er hat es auch auf den guten Sud zurückgeführt, der Scherryessig gibt wirklich einen schönen "Twist". Und auch er klärt die Butter nie, er gibt sie lediglich flüssig dazu, weil sie sich so für ihn im Tagesgeschäft schneller verarbeiten lässt.
AntwortenLöschenEs freut mich sehr, dass Du nun schmorst! :) Demnächst dann ein osso buco, gell? ;)
Du ganz ehrlich ich bewege mich jetzt ganz langsam in Richtung Osso Buco...:)
AntwortenLöschenVieille Ferme ist rot oder weiß sein Geld wert, stimme dir voll zu!
AntwortenLöschenAmen! Nicht spielen, essen! Und auch ohne Blumenwiese eine Augenweide. Da scheinen mir 700g Rohgewicht für zwei glatt zu knapp ;)
AntwortenLöschenSieht sehr schlecht aus!!!!!!
AntwortenLöschenLiebe Isa, ich wusste - das wird! :)
AntwortenLöschenLiebe Ulla, danke für den Hinweis, da hätte ich ja auch mal selbst drauf kommen können :) Bei meinem Alltags-Weinhändler steht er nur in rot, ich werde gleich mal im Netz suchen...
Lieber branbutter, es blieben jedenfalls keine Reste :)
@anonym: ja, nachgerade furchtbar. Wir haben es auch kaum essen können!
Ochsenkotelett steh ja bei uns auch immer mal auf dem Speiseplan, aber in so feiner Gesellschaft hat es sich noch nicht befunden. Es gab immer herzhaftere Soßen und Salate dazu. Das hat mich hier sehr angeregt. Mit Anis-Ysop meinst du Ysop überhaupt ;) oder ist das ein spezieller? Wenn ja, geht der "normale" auch?
AntwortenLöschenLiebe P.,
AntwortenLöschenAnis-Ysop hat mit Ysop oder gar Anis nichts zu tun. Allerdings ist gehört er wie der Ysop auch zu den Lippenblütlern, während Anis zu den Doldenblütlern zählt. (Merkt man meine Fortbildung zur Gewürzsommeliere? *kicher*)
Der Anis-Ysop hat mit dem Anis die Lakritznoten gemein, ansonsten war es das auch schon. Ysop ist viel erdiger und dumpfer im Geschmack, hat mehr schwere Kampfernoten und ist nicht ganz so "frisch". Ich finde, Kerbel schmeckt wie eine pfeffrige Petersilie mit leichtem Lakritzaroma, wegen letzterem kam ich auf den Anis-Ysop. Ysop in einer Béarnaise - warum nicht! Ganz spontan würde ich sie dann eher zu Lammfleisch reichen. Gib unbedingt Bescheid, falls Du sie zubereitest! :)
Liebe Grüße
Das ist also auf alle Fälle einen Versuch wert, Bericht folgt :) Ich habe nicht mal "Gewürz-Kräuterkunde-Grundschulkenntnisse"...;)
AntwortenLöschen:)
AntwortenLöschenIch auch nicht. Nicht wirklich :)
Hi,
AntwortenLöschenwelche "Kakobutter" verwendest du? Das spezielle Produkt in Pulverform was es derzeit gibt oder kann man jede Kakobutter verwenden?
Ich kaufe sie immer en bloc im Bioladen. 100 g kosten so um die € 8,00.
AntwortenLöschenEin "spezielles Produkt" in Pulverform kenne ich gar nicht.
AntwortenLöschenDanke für den Rückenwind, nicht immer schi-schi-geklärte Butter zu nehmen. Ich nehme grundsätzlich entweder zerlassene Butter oder, was auch wunderbar funktioniert, eiskalte Salzbutterstückchen für die Hollandaise und deren Ableitungen.
AntwortenLöschenAuf eine gescheite Reduktion mit etwas (!) Schalotte, Wacholder und Lorbeer verzichte allerdings niemals.
Escoffier rulez ;-)