...gibt es selten genug. Katharine Hepburn und Spencer Tracy hatten sie wohl, Rhett Butler und Scarlet O'Hara eher weniger und bei Angelina Jolie und Bratt Pitt ist das Maß an scheinbarer Perfektion schon gar nicht mehr zu fassen. (Edit 2017: nun auch vorbei)
Unsereins bemüht sich stetig, aber es tut zwischendurch gut, die Anstrengungen anderen Protagonisten zu überlassen. Wem das außerhalb der Liebe mit Leichtfüßigkeit gelingt, sind Pfifferlinge und Estragon. Auf ein Trio erweitert sich das Duett mit Kerbel und wer lieber mit geraden Zahlen hantiert, vervollkommnet mit Aprikosen zum Quartett. Um die Aprikosen kümmern wir uns ein anderes Ma(h)l, heute widmen wir uns dem Trio Pfifferlinge, Estragon und Kerbel.
...macht sich in mir breit, wenn ich außerhalb der eigenen vier Wände
Pfifferlinge esse. Wie ein Pawlowscher Hund bestelle ich sie mit sofort einsetzendem Speichelfuss, sobald ich sie auf der Karte eines Restaurants entdecke und ahne im Moment der Bestellung doch schon die nahende Enttäuschung. Jetzt mag man sich zweierlei fragen. 1. Was eigentlich so schwer daran ist,
Pfifferlinge schmackhaft und außerhalb ausgetretender Petersilienpfade zuzubereiten und 2. warum ich eingedenk schlechter Erfahrungen mit meinen Bestellungen nicht nachlasse. Die Antwort auf beide Fragen lautet: Ich weiß es nicht. Zu 1. fällt mir gar nichts ein und zu 2. nur die Tatsache, dass ich einfach ein Mysterium bin, auch mir selbst.
Wie putze ich Pfifferlinge richtig? Und kann ich Pfifferlinge waschen?
Im Gegensatz zu Champignons haben
Pfifferlinge keine Lamellen. Sie können also ohne Weiteres durchs Wasser gezogen werden, sind sie sehr verschmutzt, gebe ich diesem einen Löffel Weizenmehl hinzu. Nicht soviel, dass Du aus der entstehenden Masse einen Salzteig backen könntest, eher 1 EL auf 1 Liter Wasser. Und vom Wasser reichlich! Ich wirbel die Pilze herum und lasse sie dann für einige Minuten ganz in Ruhe. So kann der ganze Dreck und Driss und Waldboden auf den Grund des Beckens sinken, die leichten
Pfifferlinge schwimmen oben und lassen sich einfach herausfischen. Erdige Stielenden kappe ich mit einem Messer, ebenso hartnäckige Verschmutzungen. Anschließend lagern sie auf einem Küchentuch zwischen und trocknen ab.
Wie gare ich Pfifferlinge richtig?
Auch hier gibt es einen entscheidenden Unterschied zu
Champignons. Bereite ich diese langsam und mit mäßiger Hitze, jeweils nur so viele, wie Köpfe nebeneinander liegend in die Pfanne passen, bekommen
Pfifferlinge schnell viel Hitze. In einer 50:50 Mischung aus Olivenöl und Butter werden sie von mir sehr schnell und schwenkend angebraten, ohne dass sie Farbe nehmen. Abgelöscht wird mit einem Schluck trockenen Weißweines und danach erhalten sie einen
Blubb hellen
Kalbsfond. Es folgt das erste
Bäm! Je nachdem, was für ein Gericht zubereitet wird, spiele ich nun mit mehr oder weniger Kalbsfond und frischer Sahne (ohne Carragen!) Für das
Risotto verzichte ich auf die Sahnezugabe und beschränke mich auf den entstehenden Pfifferlings-Kalbs-Sud. Kurz vor Ende gebe ich frischen
französischen(!) Estragon hinzu und
Kerbel. Beide haben ein feines ätherisches Aroma, das beim Kerbel an pfeffrige Petersilie erinnert, beim Estragon mehr an Anis und beide gehören als feste Bestandteile zur französischen Kräutermischung
"Fines herbes".
Bäm! Nummer zwei!
Muss es unbedingt französischer Estragon sein oder ist der deutsche/russische genau so gut?
Lass es mich so sagen. Ja. Nein.
Französischer Estragon ist in vielerlei Hinsicht exaltiert. Er lässt sich nur vegetativ vermehren und möchte im Winter warm stehen. Dafür entschädigt er mit einem Übermaß an ätherischen Ölen, von denen man sagt, dass sie die traurige Seele stärken.
Deutscher Estragon, der auch russischer genannt wird, hat im Vergleich nur einen Bruchteil der ätherischen Öle, er schmeckt nachgerade plump gegen seinen feinen französischen Verwandten. Lass Dich also in der Gärtnerei nicht bequatschen und im Supermarkt lässt Du ihn einfach stehen, denn noch nie habe ich dort französischen Estragon entdeckt. Im Ernstfall hilft der Verzicht, der allemal schmackhafter ist, als die billige Kopie. Deutscher Estragon ist für Menschen, die auch Sommertrüffel essen. Eine Alternative bei ausgeprägtem Hang zu Hedonismus ist allenfalls die irritierend duftende
Anismyrte, die ich Dir bereits zu mancher Gelegenheit ans Herz gelegt habe.
Das Risotto
...machst Du so, wie ich es Dir vor langem
aufgeschrieben habe. Und denke immer dran: Nicht kirre machen lassen! Im Fall des heutigen Rezeptes lässt Du aber den Parmesan weg, die
Belper Knolle reicht völlig. Und da
Belper Knolle auch noch eine Portion Säure mitbringt, bist Du vorsichtig beim Ablöschen. Verwende einen trockenen, aber säurearmen Wein und lieber keinen Verjus. Am Ende der Rührerei gibst Du die
Pfifferlinge im Kerbel-Estagon-Sud über das Risotto und hobelst als Krönung von der Belper Knolle obenauf.
Schluss mit Langeweile!
Unter anderem wegen Leuten wie dir, habe ich mir jetzt Belper Knolle beim lokalen Gemüsedealer bestellt. Bin gespannt wie das Zeug schmeckt - habe ich zuvor noch nie gegessen :/
AntwortenLöschenInspirierend. Danke.
Liebe Astrid, genau dafür mag ich Deinen Blog so gerne - für das Verlassen ausgetrampelter Pfade! Danke für dieses köstliche Rezept!
AntwortenLöschenSchimpf nur weiter, Du hast ja so recht!
AntwortenLöschenBelper Knolle, die muß jetzt her! Bin sehr neugierig und habe eben bestellt...
AntwortenLöschenLieber Jens, dann bin ich ganz gespannt, was Du sagst und freue mich auf Deinen Meinung!
AntwortenLöschenLiebe Claudia, danke für das schöne Kompliment!
AntwortenLöschenLiebe Angelika,
AntwortenLöschenwar das schon geschimpft? Ich habe doch nur ein bisschen herumgemosert... :)
Liebe Uschi, auch Deine Meinung interessiert mich sehr! Bitte berichte doch mal, wie sie Dir schmeckt. Am Ende mache ich hier alle ganz unnötig verrückt ;)
AntwortenLöschenWunderbar! ... und vor allem alles andere als langweilig ;-)
AntwortenLöschenLiebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Liebe Astrid, französischen Estragon bekommt man also in deutschen Gärtnerein oder wo kann man sein Glück probieren? Danke und LG
AntwortenLöschenLieber Andy, nee langweilig geht wirklich anders :) Liebe Grüße nach Zürich
AntwortenLöschenLiebe Tina: Ja, aber eher in einer Staudengärtnerei als in den bekannten Baumarktcentern. Ansonsten empfehle ich auch gerne Rühlemanns für online-Bestellungen, von dort kommen ganz viele meiner Kräuter. http://www.kraeuter-und-duftpflanzen.de/
AntwortenLöschenGnihihihihi - grade ein Rezept für Pfifferlingsrisotto mit einem Bund (!) glatter Petersilie gelesen und mich erinnert, dass hier ja auch noch was war ;-) Schöne Sache, ich glaub ich mach jetzt Feierabend und geh Pfifferlinge suchen.
AntwortenLöschenFeine Pfifferlingskunde ganz ohne Petersilie - nur mutig Astrid hinterher :)
AntwortenLöschenLieber Alex, waaaas? Ein ganzes Bund? *hyperventilier*
AntwortenLöschenLiebe Micha, *lach*
AntwortenLöschenJa, immer hinterher, Leute. Da wo ich bin, ist's zumindest lustig :)
Liebste Astrid, ich dachte du rührst deine risotti jetzt im TM Wunderkessel?
AntwortenLöschenLiebe Kichererbse,
AntwortenLöschenich ja. Aber davon ausgehend, dass 90% meiner Leser_innen keinen TM haben, verlinke ich lieber auf die bewährte Methode im Topf. Wer einen TM hat, pfeift dann eh drauf :-)
Liebe Astrid, danke, für dieses wundervolle Rezept, habe sofort in meinem Hochbeet den franz. Estragon geerntet ( endlich hatte ich auch mal was ...! ), Kerbel ??? warum habe ich eigentlich keinen Kerbel im Beet ??? und mich auf die Pfifferlinge gestürzt...damit es ein infernales Trio wurde, fügte ich die Aprikosen hinzu, auch französisch, schön säuerlich...
AntwortenLöschenBei den Pfifferlingen war ich mir sicher sie hätten Lamellen, genau wie Champignons und Austernpilze...nur Maronen und Steinpilze haben Röhren und die darf man eben nicht waschen...
( Ich wasche sie aber trotzdem, sonst geht ja der Grind nicht runter, wenn man ihn antrocknen lässt, zum Bürsten, ist ja der ganze Pilz hinüber....) - habe mich jetzt nur auf mein Kochgedächtnis berufen, nicht auf Wikipedia :-)
Na, diesmal von Hand gerührt ( haptisch genossen...) war das Risotto perfekt, der TM stand beleidigt im Schrank...Ich hatte zwei große Stengel Estragon...( ca 50 cm ), das war mir ehrlich gesagt zuviel, der Gatte hats aber geliebt...Dankeee !
Ich habe die Belper Knolle ebenfalls vor einigen Jahren gehabt. Und ich muss nun wirklich mal sagen, dass ich das Gazetüchlein, das meine Knolle geschmückt hat, ganz allerliebst fand. Allerdings fand (finde) ich einen handgemachten Gaperon oder einen Castelmagno zB wesentlich spannender. Ich glaube, man nehme einfach mal einen Käsehobel und ziehe da die schon älteren nicht erhitzten, gepressten Käse drüber, dann kommt man auf jeden Fall auch ohne Knolle zum Ziel. Der Käse ist gut, keine Frage, aber der dem echten Gourmet innewohnende Forscher- und Experimentiertrieb macht auch vor etwas unbekannteren Käsen in der Regel nicht halt. - Lachen musste ich aber doch, als ich das erste Posting gelesen habe: Es könnte sein, dass der Gemüsehändler keine Käseknolle im Angebot hat ;-)))
AntwortenLöschenLiebe triptorussia, Du hast es gut, Du kannst noch ernten. Mein Estragon ist komplett abgeräubert. Ich habe schon im Frühjahr zuviel Bernaise gekocht und die Pfifferlingszeit jetzt - das setzt ihm sehr zu. Aber der Trend geht zur Drittpflanze, oder? Ich muss unbedingt noch eine dazusetzen.
AntwortenLöschenUnd wasch sie ruhig, die Pfifferlinge, sie haben wirklich keine Lamellen, auch wenns so ausschaut. :) Danke für das tolle Feedback, ich habe mich sehr gefreut! Lieber Gruß
Liebe Conny, kaum gibt es einen Hype, wird er einem schon gleich wieder fad... Jetzt turnt die Belper Knolle durchs halbe Internet, das gefällt mir gar nicht, denn dann gibts sicher bald auch schlechte Imitate. Jetzt grübel ich aber noch, ob ich wohl schon einmal einen Gaperon gegessen habe...
AntwortenLöschenAber Du hast schon recht, Käse, getrocknet und gehobelt geht fast immer und überall. Ich finde ja auch, dass Käse mit Käse gut geht. Allein deswegen könnte ich wohl schon nie wirklich vegan leben, der Käse würde mir immer fehlen.