Hausgemachte Tagliatelle mit Steinpilzen, Salbei, Korianderhauch und Parmesan mit dem weißen Ausnahme-Rioja »Viña Gravonia« Crianza von Lopez de Heredia
Akt 1 - Der Ruin
Die Lebensmittelabteilung des Wiesbadener Karstadt-Hauses treibt mich regelmäßig in den Ruin. Eigentlich wollte ich nur mal kurz nach Steinpilzen schauen. Wie dann zusätzlich der dicke Bauernhahn, die Entenleber, die irische Ochsenbrust, die fire-roasted Pasta von PPURA und die Flaschen dieses verflixten Traminer Pinot Grigio in meinem Einkaufswagen gelandet sind - ganz ehrlich: Ich. Weiß. Es. Doch. Auch. Nicht. Auf dem Weg zu Kasse habe ich online noch schnell einen Konsumentenkredit abgeschlossen und dann die letzten paar Kröten für die Parkhausgebühr zusammengekratzt - stets fröhlich und frei nach dem Motto "Knietief im Dispo aber Hauptsache, stets lecker was zu Essen im Haus".
Akt 2 - Hier werden Sie geholfen!
Wieder zuhause angekommen fing ich an zu grübeln, welchen Wein ich wohl zu fire-roasted Pasta mit Steinpilzen servieren sollte. Da ich diese Pasta bisher noch nicht probiert habe, konnte ich den Grad des Rauchgeschmackes nicht abschätzen und überhaupt nur schwer einordnen, ob ich rot oder weiß wähle. So etwas passiert mir selten, stehe ich doch für eine gewisse Weinkompetenz, aber ohne Scheu erfrage ich mir Dinge, die ich nicht weiß.
In einer Weingruppe bei Facebook stellte ich also mein geplantes Abendessen samt Weinfrage zur Debatte. Ich schwankte am Ende noch zwischen einem Rieslingsekt und Grünem Veltliner, da warf ein Freund einfach mal "Tondonia" in den virtuellen Raum. Gleichzeitig vermittelte mir ein anderer den Kontakt zu Cemal Cattaneo, Inhaber von PPURA, sicher wisse er am besten, welcher Wein zu seiner Pasta passt. Ein wenig Internetrecherche zum Tondonia und Christoph Raffelts Bemerkung "weißer, oxydierter Rioja. Ein Traum mit Steinpilzen." (Christophs Tips vertraue ich blind, hier geht's zu seinem Blog) war klar: Der oder keiner. Als Tip zur spontanen Bezugsquelle im Raum Mainz erhielt ich zeitgleich die Vinothek des Asador in Mainz-Budenheim, das ist das Steakhaus mit der alten Kuh aus San Sebastian. Noch während ich dem Inhaber ebenfalls über Facebook eine Nachricht schickte, schrieb mir Cemal, ich solle lieber keine Steinpilze zu seiner fire roasted Pasta machen, das sei zu viel erdige Aromatik auf dem Teller.
Ich hoffe, Du kannst mir noch folgen - zu diesem Zeitpunkt schrieb ich online in einer Weingruppe und chattete parallel dazu mit drei Personen zum Thema "Unser heutiges Abendessen". Da denkt Frau, sie macht mal eben gemütlich ein bisschen Pasta, Pilze, Sonnenschein und dann wird es doch einen Hauch komplizierter. Schnell erhielt ich Antwort aus dem Asador, der Wein sei vorrätig, es war "nur" die Crianza aus der Lage Gravonia und nicht Tondonia, aber bitte - ich war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr pingelig. Schließlich mussten die Steinpilze verarbeitet werden - das ging vor. Die fire roasted-Pasta kam in die Vorratskammer, die Nudelmaschine dafür zum Einsatz. Gab es halt hausgemachte Tagliatelle. Zu Steinpilzen. Man kann ja auch schlechter leben. ;) Nachmittags holte ich den Wein, vorsichtshalber und - wie sich herausstellte - glücklicherweise zwei Flaschen. Den Rest kaufe ich nächste Woche auf.
trockenem Weißwein Viña Gravonia ablöschen, einköcheln lassen. Nach und nach mit etwas Sahne aufgießen und reduzieren lassen, bis eine cremige Sauce entsteht, die die Taliatelle später sanft umschließt. Auf keinen Fall soll die Pasta später in der Sahne schwimmen! Koriandersamen ohne Fett rösten, mörsern und die Steinpilze fein abschmecken. Koriandersaat hebt den Steinpilzgeschmack! Frischen Salbei in feine Streifen schneiden und an die Sauce geben, etwas mitsimmern lassen. Mit Salz und melange blanc abschmecken, vielleicht noch einen Hauch Parmesan dazugeben.
Die frisch gekochten Tagliatelle unter die Steinpilzsauce heben und sich von der einzigartigen Harmonie von Viña Gravonia und Steinpilzen berauschen lassen.
Viña Gravonia
Crianza (Die Qualitäten gehen bis zur gran reserva)
Lopez de Heredia
Rioja
2002
Ca. € 16,00
Akt 4 - So einen Wein
...habe ich noch nicht getrunken. Sicher kenne ich gereifte, leicht oxidierte Weißweine. In bester Erinnerung ist mir dazu ein vor Jahren genossener Grauburgunder vom Schloßgut Diel. Aber dieser hier war irritierend anders, nicht nur gereift - was für eine Philosophie, welch Chuzpe, einen Weißwein aus dem Jahr 2002 überhaupt erst 2012 auf den Markt zu bringen! Dieser war jung und frisch ob seines Alters. Karamellig, trocken, süß, aprikosig, honiggolden-glücklich. Ein Hauch von Erde, Dreck und Champignon - unser Wein war wie ein von Gott persönlich in die Flasche gefüllter Hauch von Sonnenschein.Akt 5 - Die Tagliatelle
mache ich nur noch nach Gefühl. Ca. 2/3 Weizenmehl Tipo 00 und 1/3 Semola. 1 Ei und je ein Eigelb pro 100 g Mehl. Etwas Olivenöl, 1 Prise Salz. Hier auch etwas Kurkuma für die Farbe. Lange kneten, lange ruhen lassen. Auf der Maschine bis zur gewünschten Dicke ausrollen und anschließend durch die Tagliatelle-Walze laufen lassen.Akt 6 - Zubereitung der Steinpilze
Putzen (meistens ist das Abreiben mit Küchenkrepp ausreichend), eine Schalotte sehr fein geschnitten in Olivenöl und Butter anschwitzen, die Steinpilze dazu (je nach Größe zurecht geschnitten), mit etwasDie frisch gekochten Tagliatelle unter die Steinpilzsauce heben und sich von der einzigartigen Harmonie von Viña Gravonia und Steinpilzen berauschen lassen.
Der Wein
Viña Gravonia
Crianza (Die Qualitäten gehen bis zur gran reserva)
Lopez de Heredia
Rioja
2002
Ca. € 16,00
Sabber.....
AntwortenLöschenUnd schon wieder was gemerkt, nicht nur die Koriandersaat, den Rioja,
Sondern auch, dass der Bericht zu den fire roasted pasta noch aussteht.
Bin sehr gespannt!
Einen gutem Start in eine sonnige Woche,
J.
Es wird Zeit, mal wieder im Wald nach Steinpilzen Ausschau zu halten... nicht, dass wir zwei uns sonst noch auf einer Parkbank zum Essen verabreden müssen ;) Köstlich sieht es aus!
AntwortenLöschenKoriandersaat zu Steinpilzen! Wieder etwas gelernt, danke!
AntwortenLöschenDieser Wein! Ich muss gleich mal recherchieren, wo ich ihn online bestellen kann. Hast Du da auch eine Empfehlung?
AntwortenLöschenGruß, Uwe
Mein sicherer Weg zu Steinpilzen führt auf den Markt und diesen Weg werde ich wohl sehr bald wieder mal unter die Füsse nehmen. Ist es nicht schön, dass es noch solche Charakter Weine gibt?
AntwortenLöschenLiebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Sehr lecker. Leider bekommt man die Steinpilze zu selten.
AntwortenLöschenBeste Grüße
Thoralf
Mein erstern Steinpilz-Fund dieser Saison wird diesem Rezept gelten ! Ich hoffe, ich finde den Wein dazu dann auch :-)
AntwortenLöschenLiebe Kichererbse, ich denke, die Pasta muss bis nach dem Urlaub warten. Aber ich freue mich schon darauf!
AntwortenLöschenLiebe Micha, mit Dir auf einer Bank, Du bringst die Pilze mit und ich den Wein - ich kann mir Schlimmeres vorstellen :)
AntwortenLöschenLiebe Melanie, ja wirklich fein! Aber sparsam verwenden, es soll den Geschmack nur ein bisschen "kitzeln"!
AntwortenLöschenLieber Uwe, schau mal hier:
AntwortenLöschenhttp://www.gute-weine.de/spanien/rioja-und-navarra/lopez-de-heredia-vina-tondonia.html
und hier:
http://www.weinhalle.de/vina-tondonia-gran-reserva-blanco.html
Lieber Andy, auf dem Provinzmarkt der rheinhessischen Kleinstadt sind Steinpilze fast unbekannt ;) Ich muss dafür immer in die nächste größere Stadt...
AntwortenLöschenLieber Thoralf, ich weiß genau, was Du meinst, geht mir ebenso :(
AntwortenLöschenLiebe Sabine, in einem der anderen Kommentare habe ich zwei Bezugsquellen für online-Bestellungen hinterlassen ;)
AntwortenLöschenTauschen ist in!
AntwortenLöschenHabe mit Interesse Deine finanzielle Notlage ausgelöst durch Wiesbadener Karstadt-Besuche wahrgenommen.
Wir können ins Geschäft kommen.
Wenn du deine Wohnung in Richtung Süden verlässt und in 10 Minuten bei der Bergkirche angekommen sein wirst, schweift dein Blick im Nordwesten über einen ca. 600 m hohen, bewaldeten Bergrücken. Ich hole dich bei der Kirche ab (mein Weg dorthin ist nicht viel weiter als deiner), und wir fahren gemeinsam in den Wald, wo gerade eben einige Millionen Steinpilze wachsen. Ein Steinpilzjahr, wie man es deinem weißen Rioja nur wünschen würde.
LG von Faber
Ach ja: anonym muss ich nicht bleiben: Kontaktaufnahme über 14faber06@web.de - und die Gegenleistung wären einige Tagliatelle -
AntwortenLöschenwill ja nicht gleich so unverschämt sein, mich zum Essen und Trinken einzladen!
Nochmals: Peter Faber
Lieber Faber, das klingt ausgesprochen verlockend. Aber ich kann ja unmöglich mit einem fremden Mann in den Wald fahren, das verstehst Du sicher. Darf ich Dich in die Liste zum Supperclub aufnehmen? Dann gelingt uns vielleicht doch mal ein gemeinsames Essen und nach einem Kennenlernen fällt auch ein Waldbesuch etwas einfacher :)
AntwortenLöschenÜbrigens habe ich gerade einen Tondonia aus 1998 geschenkt bekommen (nicht, dass ich Dich neidisch machen möchte) ;)
Scheiße, das hat gut geschmeckt. Allerdings habe ich statt Viña Gravonia St. Antony Orbel 2011 gehabt und lediglich mit Salz, weißem Pfeffer, Macisblüte, Salbei und (erstmalig in meinem ganzen Leben, danke dafür!) gerös- und gemörsertem Koriander gewürzt. Beim Verzehr dachte ich auch: Besser so als mit Melange blanc, welches ich beim Einkauf schlichtweg nicht finden konnte.
AntwortenLöschenLG, Alexander Koch
Lieber Alexander, danke für das feine Feedback! Es freut mich sehr! Und so ein Orbel ist ja nicht zu verachten ;)
AntwortenLöschenSchön, dass Dir der Koriander als Gewürz an den Steinpilzen auch so gut geschmeckt hat! Viele wissen gar nicht, was ihnen da entgeht.
Huch, gerade erst gesehen. :-) vielen Dank für die Blumen!
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