Nur Trüffel hat sie noch keine gegessen...
In Pollenzo
Das Wetter ist angenehm warm, was um die Jahreszeit in Alba recht ungewöhnlich ist. Da die anderen Blogger und Journalisten erst später ankommen werden, hat Chiara sich für Mikkel und mich etwas Besonderes ausgedacht: In Pollenzo, was ein paar Kilometer westlich von Alba liegt, befindet sich eine einzigartige Kombination aus Hotel, Restaurant, Weinkeller und Universität für Gastronomiewissenschaften in einem alten gotischen Schloss. Dort sind wir heute, um uns die Langeweile bis zum Check-In im Hotel zu vertreiben, zu einer Weinprobe und Führung durch den Weinkeller eingeladen. Für mich hört sich das nach einem ausgezeichneten Plan an. Nach dem kurzen Transfer staune ich über das mittelalterliche Areal, das aus mehreren Höfen und gotischen Gebäuden aus Klinker besteht. Ich bin ein Nicht-Weinkenner und muss sagen, dass ich von der Materie immer ein wenig eingeschüchtert war. Was sollen Eingeweihte bloß von mir denken, wenn ich im Rewe-Regal daneben greife und billigen Fusel kaufe, der mir dann unverschämter Weise auch noch schmeckt! „Ich möchte mir einen reinschütten und mit einskommafünf im Turm tanzen gehen, können sie da was empfehlen?“ Ihr seht, meine Weinkenntnisse beschränken sich auf Rot oder Weiß, Korken- oder Drehverschluss.
Es heißt nicht piemontesisch!
Weil ich mir aber vorgenommen habe, viel zu lernen auf dieser Reise, vergrabe ich meine Unsicherheit und oute mich ganz unverblümt. Siehe da, Mikkel und Chiara sind mehr als froh, mir die Wichtigkeit des piemontischen (steht so im Duden!) Rotweins und seinen Ursprung zu erklären, als wir vor dem entsprechenden Regal stehen: Die Nebbiolo Traube ist nach dem Nebel in den norditalienischen Weinbergen benannt, was ich sehr malerisch finde und ich gewinne sofort Interesse. Je nach Produktionsweise und Reifung des Weins entsteht aus dieser Traube dann der berühmte und sehr teure Barolo-Wein. Chiara zitiert ein italienisches Sprichwort:
„Il Barolo é il re dei vini ed e´ il vino dei re“, dessen Übersetzung ich mich erfurchtsvoll merke: „Barolo ist der Wein der Könige und der König der Weine.“
Im Weinwaisenhaus
Während Chiara spricht, bemerke ich den Stolz in ihren Augen und frage mich neidvoll, wieso wir Deutschen nicht so stolz sind auf unseren Wein, den Labskaus oder das Sauerkraut. Das kulinarische Glück muss man doch nicht unbedingt jenseits der Landesgrenzen suchen. Entführen lasse ich mich dennoch gerne; und zwar in den Weinkeller, der, wie ich staunend erfahre, 2000 qm² groß ist und hinter dem ein außergewöhnliches und ausgeklügeltes Konzept steht, das ein bestimmtes Problem bekämpfen soll: Vor allem Barolo ist ein Wein, der ausgezeichneter schmeckt, je länger man ihn reifen lässt. Jedoch ist er so beliebt in aller Welt, dass er gekauft und nahezu sofort getrunken wird. Deswegen haben es sich die Betreiber der Universität zur Aufgabe gemacht, diesen wundervollen Wein zu retten. Ausgewählte Winzer geben von jedem Jahrgang 48 Flaschen an die Universität und die angeschlossenen Einrichtungen ab. Davon werden 24 Flaschen zur Verkostung und für den Verkauf freigegeben. Die anderen 24 Flaschen aber wandern in den Weinkeller und dürfen dort niemals, nie und unter gar keinen Umständen entfernt werden, damit der Wein in Ruhe Jahrzehnte altern kann. Dieser Weinkeller ist also so zu sagen ein Weinmuseum und ein Weinwaisenhaus in einem. Elternloser Wein wird dort behütet großgezogen, mit Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsregulatoren liebevoll umsorgt, bis er irgendwann ins Weinaltersheim gehört und Geschichten aus vergangenen Zeiten erzählt, bei denen die jüngeren Jahrgänge mit den Korken rollen. Aber die kommen da auch noch hin.
Mein erster Barolo und nicht exportierbare Würste
Nach der Führung durch den Weinkeller wartet sie dann endlich auf mich: die erste Flasche Barolo meines Lebens! Ich bin froh, dass ich vorher verstanden habe, dass dieser Wein Respekt und Kenntnis verlangt. Sonst hätte ich ihn einfach als „Schmeckt-mir-nicht“ abgetan und damit einen Frevel begangen. Nun weiß ich aber, weshalb er mir nicht schmeckt: Weil ich, die ich mich durch die in Tetrapacks gehaltenen Massentraubenweine durchprobiert habe, unwürdig bin. Chiara und Mikkel haben Nachsicht mit mir, während ich verlegen an einem Grissino knabbere.
Da ich seit dem Abflug in Hamburg am gleichen Morgen nichts mehr gegessen habe, freue ich mich auf das Abendessen. Gut essen kann ich besser als gut weintrinken. Da macht mir keiner was vor! Im Hotel treffen wir schließlich die anderen Blogger aus Deutschland: Kerstin Getto von „My Cooking Love Affair“ und Juliane Haller von „Schöner Tag noch“ sind auch auf die Trüffelreise eingeladen. Sie haben die Anweisung meiner Mutter, mich unter ihre Fittiche zu nehmen. Außerdem lerne ich Maresa aus London kennen, die für das Boardmagazin für Norwegian Airways schreibt. Chiara hat einen Tisch in einer kleinen Osteria in Alba reserviert, der eine eigene Weindistille angeschlossen ist. Sie will das Menü noch nicht preisgeben, verspricht uns aber, dass es repräsentativ für die Gegend ist und uns ausgezeichnet schmecken wird. Sie hat nicht zu viel versprochen: Zur Vorspeise gibt es Vitello Tonnato, wovon Mama schwört, ich hätte es bei ihr schon probiert, woran ich mich aber erinnern könnte, (!) weil es mir so ausgezeichnet schmeckt. Dazu gibt es allerdings etwas, bei dem es keine Zweifel gibt, dass ich es noch nie probiert habe: Eine rohe Kalbswurst, die in mundgerechte Happen serviert für alle auf einem großen Holzbrett gereicht wird. Warum sie auch von euch wahrscheinlich noch keiner probiert hat? Weil sie von einem Metzger aus Bra, einem Nachbarort von Alba kommt, der das Patent auf das Rezept und die Würzmischung hat. Da er das Rezept nicht herausrückt und die Wurst roh nicht exportiert werden kann, gibt es noch einen weiteren kulinarischen Grund, nach Alba zu reisen.
Die mächtigen Gnocchi mit Käsesauce geben allen den Rest, obwohl ich verstohlen aus den Augenwinkeln betrachte, wie Chiara mit der Gabel auch den letzten Rest Käse aus dem Teller kratzt. Ein weiterer interkultureller Unterschied in unseren Essgewohnheiten: Die Italiener setzen sich hinein in ihre Speisen, sie zelebrieren das Teilen der Gerichte und das Beisammensein bei Tisch. Ich beschließe, mich nicht gegen diese Bräuche zu wehren, und spachtele ebenso meinen Teller leer. Vielleicht auch ein bisschen, weil es so köstlich ist. Zum Nachtisch gibt es in Rotwein gekochte, gezuckerte Birnen, die ich in den letzten Winkel meines Magens schieben muss, um nicht zu platzen. Als Tochter einer Köchin lernt man mit dem Platz im eigenen Körper zu haushalten. Nach einem bezaubernden Abend wanken wir alle mit vollen Bäuchen zurück ins Taxi und schließlich ins Hotelbett, da auch der nächste Tag verspricht, aufregend zu werden. Denn dann geht es um:
Die mächtigen Gnocchi mit Käsesauce geben allen den Rest, obwohl ich verstohlen aus den Augenwinkeln betrachte, wie Chiara mit der Gabel auch den letzten Rest Käse aus dem Teller kratzt. Ein weiterer interkultureller Unterschied in unseren Essgewohnheiten: Die Italiener setzen sich hinein in ihre Speisen, sie zelebrieren das Teilen der Gerichte und das Beisammensein bei Tisch. Ich beschließe, mich nicht gegen diese Bräuche zu wehren, und spachtele ebenso meinen Teller leer. Vielleicht auch ein bisschen, weil es so köstlich ist. Zum Nachtisch gibt es in Rotwein gekochte, gezuckerte Birnen, die ich in den letzten Winkel meines Magens schieben muss, um nicht zu platzen. Als Tochter einer Köchin lernt man mit dem Platz im eigenen Körper zu haushalten. Nach einem bezaubernden Abend wanken wir alle mit vollen Bäuchen zurück ins Taxi und schließlich ins Hotelbett, da auch der nächste Tag verspricht, aufregend zu werden. Denn dann geht es um:
Den Mittelaltermarkt in Alba, Taschendiebe und natürlich die Trüffelmesse.
Disclosure:
Miriam wurde von der italienischen Zentrale für Tourismus - ENIT - zur Reise eingeladen. Es gab keine Aufforderung oder Vereinbarung zur Berichterstattung.
Miriam wurde von der italienischen Zentrale für Tourismus - ENIT - zur Reise eingeladen. Es gab keine Aufforderung oder Vereinbarung zur Berichterstattung.
Ich glaube, das Zitat zum Barolo ist falsch herum übersetzt ("Der Barolo ist der König der Weine und der Wein der Könige.")
AntwortenLöschenBin gespannt, was noch zu lesen sein wird. :-)
Ebenso herzerfrischend wie der erste Teil der Reise. Bin gespannt wie es weitergeht.
AntwortenLöschenWeinwaisenhaus und Flaschen, die mit den Korken rollen. Ich musste sooo lachen!
AntwortenLöschenWeiter so, Miriam :-)
Lieber Gruß von Madelaine
Kann alles wunderbar nachvollziehen und nachschmecken. Einen ebenso wunderbaren Aufenthalt habe ich zur Trüffelzeit in Alba und Monforte d'Alba gehabt, allerdings zu einer Zeit als es noch keinen Trüffeltourismus in der heutigen Form gab. Anno Nov. 1995, da gab es noch "Felicin" in Montforte und "Cesare" in Albaretto della Torre, tempi passati! Da wurde das Abendmenue im kleinsten Kreis vom Küchenchef persönlich nach Rücksprache zusammengestellt und präsentiert!
AntwortenLöschenWann gibt es denn wieder neue Rezepte? Bräuchte da noch die ein oder andere Anregung für die Weihnachtsfeiertage und würde mögliche Rezepte gerne vorher ausprobieren, man will sich vor der Familie ja nicht blamieren ;)
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