Rezept für butterzart geschmorte Lammstelzen/Lammhaxen (souris d'agneau) in Rotwein und Kartoffel-Gratin Savoyarde mit Löwenzahn | 4. Gang im Supperclub Rheinhessen trifft Frankreich + Ohrwurm zum Mitnehmen

Ganz schön Schaf... Rezepte für geschmorte Lammstelzen/Lammhaxen in Rotwein mit Gratin Savoyarde (Kartoffelgratin) mit Löwenzahn. Der vierte Gang im Supperclub "Rheinhessen trifft Frankreich"

Lammstelze in Rotwein und Gratin Savoyarde mit Löwenzahn im Supperclub | Arthurs Tochter Kocht by Astrid Paul

Der Supperclub zu Gast in Frankreich!

Nach 2 Gängen Rheinhessen war im dritten das Verhältnis beider ausgewogen. Und nun dies: Die Franzosen stellen den Hauptgang, das mag ihnen gefallen, stolz wie sie sind. Die Lammstelze, oder wie die Franzosen sie nennen, souris d'agneau, wurde in französischem Rotwein (Côtes du Ventoux) geschmort, begleitet wurde sie von einem gratin savoyarde, und sogar der in diesem enthaltene Löwenzahn kam aus Frankreich. Kann eine Nation mehr erreichen?

Ein Lamm hat 4 Stelzen, nämlich die unteren Teile der Beine, also jeweils das Stück über dem Huf bis zum ersten Gelenk. Im Vorderteil schließt sich die Schulter an, im Hinterteil die Keule (gigot). Die Welt ist voller Lammkeulen aber die Stelzen muss man suchen, bzw. bestellen, die heutigen kamen aus der Eifel. In und um Mainz besorge ich mir mein Lammfleisch bei den beiden Metzgern d. V., mit denen mich eine nun schon jahrelange "Fleischeslust" verbindet. Es sind die Metzgereien von Peter Walz in Mainz-Mombach + diverse Filialen und die von Andreas Harth in Stadecken + diverse Filialen. Andreas hat btw. mit mir gemeinsam die Fortbildung zum Gewürzsommelier absolviert. Seitdem gibt es bei ihm immer mal Außergewöhnliches wie Leberwurst mit Mango und Salami mit Himbeercrunch. Beide Metzger lege ich Dir ans Herz, wenn Du hier in der Region lebst. Sie suchen ihr Vieh selbst aus und schlachten es selbst, Andreas Harth auch vor Ort in der eigenen Metzgerei. Bei solch guten Quellen das Fleisch aus Frankreich zu beziehen erscheint mir verrückt. 

Lammstelzen nach dem Schmoren aus dem Ofen | Arthurs Tochter Kocht für den Supperclub by Astrid Paul

Lammstelzen/souris d'agneau/Lammhaxen

Die Lammstelzen wurden von mir lediglich mit Salz eingerieben. Die sie umschließende Haut, bzw. das fettige Bindegewebe (auf den Bildern siehst Du ganz gut, wie diese sich beim Schmoren zurückgezogen hat) habe ich nicht pariert. Warum nicht? Nun, wenn die Stelzen so lange bei niedriger Temperatur geschmort werden, fällt das Fleisch am Schluss vor Zartheit fast beim Ansehen auseinander. Die Haut verhindert also, dass Dir das Fleisch vom Knochen fällt noch bevor Du es auf den Teller oder die Platte bugsiert hast. Wenn Du die Haut entfernen möchtest, die leicht fettig ist, ansonsten aber butterzart schmort und einfach mitgegessen werde kann, empfehle ich, die Lammhaxen mit Küchengarn zu binden.

Du brätst sie an in einem Gemisch aus Olivenöl und Butterschmalz. Stelle sie anschließend warm und brate in ihrem Fett eine Ladung klein geschnittenes Wurzelgemüse und eine halbierte Knoblauchknolle an. Lege die Lammstelzen auf das Gemüse, gib ihnen eine kleine Berieselung mit Jahreszeitenpfeffer* und lösche alles mit einem trockenen Rotwein ab. Lasse den Wein einkochen, wiederhole den Vorgang 2 x. Anschließend gießt Du hälftig Lammfond und Rotwein auf, bis die Stelzen fast bedeckt sind und spendierst ihnen als Gewürze 3 Spitzen Sternanis, 2 Körner Piment, 1/4 Stange Zimtrinde, 1 EL Sojasauce und 2 frische Lorbeerblätter und schiebst sie in den Ofen; 4 Stunden, 110°C.  Nimm dann die kleinen Lammhaxen heraus, siebe den Bratenfond ab und danach 2 x durch ein feines Sieb, besser Passiertuch. Den Fond reduzierst Du langsam um die Hälfte ein, schlägst dann mit dem Zauberstab oder einem anderen guten Pürierstab einige Stücke eiskalte Butter darunter. Ist Dir die Sauce noch zu flüssig, binde Sie mit etwas Pfeilwurzmehl. Zum Schluss spendierst Du ihr noch ein Stückchen 80 %ige Schokolade.

Gratin Savoyarde mit Löwenzahn

Ein Kartoffelgratin ist ein Kartoffelauflauf, aber Gratin klingt eleganter. Hier in Rheinhessen gibt es die Backesgrumbeere, ein Kartoffelauflauf, dem noch fettes Schweinefleisch zugegeben wird. Der Name leitet sich von den Worten „Backes“, dem Backhaus des Dorfes, und dem Mundartbegriff „Grumbeere“ also „Grundbirne“ für Kartoffel ab. In früherer Zeit stellten die Dorfbewohner ihre Töpfe mit diesem Gericht in den Dorfbackes, um die gleichmäßige Restwärme nach dem gemeinschaftlichen Brotbacken zu nutzen. Im Elsass haben sie en passant dazu den Flammkuchen erfunden... Nachdem es kein „Backes“ mehr gab, wurde der Topf meistens am Samstagmorgen zum Bäcker gegeben und nach dem Arbeitstag im Wingert (Weinberg) dort wieder abgeholt. Mittlerweile haben wir alle wohl einen eigenen Backofen in der heimischen Küche stehen und backen unsere Kartoffelaufläufe selbst. Wobei ich mir manchmal wünsche, ich könnte mit meinem Topf zum Dorfplatz gehen, dort die Kartoffeln in den Ofen schieben und währenddessen noch ein Schwätzchen mit den Nachbarn halten, während mir der rheinhesssiche Salonlöwe um die Beine streicht.

Gratin Savoyarde, 1. Schicht. Supperclub | Arthurs Tochter Kocht by Astrid Paul

Ob das Gratin Savoyarde vor dem Gratin Dauphinois erfunden wurde oder umgekehrt - ich bin mir da nicht sicher. Für mich ist das Savoyarde eine Weiterentwicklung des Dauphinois, welches offiziell zum ersten Mal 12. Juli 1788 erwähnt, und anlässlich eines Abendessens für die städtischen Beamten der Stadt Gap von Charles-Henri, Herzog von Clermont-Tonnerre, dann Generalleutnant der Dauphiné zubereitet wurde. Dauphiné ist eine Landschaft im Südosten Frankreichs, südlich von Savoyen und als Dauphin bezeichneten die Bourbonen den jeweiligen Thronerben. Der Titel „Dauphin“ (wörtlich: „Delfin“ geht auf den Beinamen des Grafen Guigues IV. von Albon († 1142) zurück, der sich selbst le Dauphin nannte. Unter seinen Nachkommen avancierte dieser Beiname zum Titel, der Delfin wurde ihr Wappentier und gab der Grafschaft Albon im Viennois schließlich den Namen „Dauphiné“ (wörtlich: „Delfinat“).

Gratin Savoyarde, 2. Schicht. Supperclub | Arthurs Tochter Kocht by Astrid Paul

Ein Originalrezept ist nicht überliefert, außer dass das Gratin am 12. Juli 1788 zu geschmortem Ortolan serviert wurde, einem heute in seinem Bestand bedrohten Singvogel, dessen Tirillieren Beethoven zu seiner Fünften Symphonie inspiriert haben soll. Bis heute gilt der Ortolan trotz strenger Fangverbote in Frankreich als begehrte Delikatesse. Ich verzichte an dieser Stelle selbstverständlich auf geschmorten Singvogel und konzentriere mich auf die Zubereitung des Gratin Savoyarde.

Grundrezept für Gratin Savoyarde für 6 Personen

  • 1 kg Kartoffeln, festkochend (z. B. Sieglinde, Linda)
  • 750 ml Vollmilch
  • 300 g geriebener Gruyère (kräfig) oder klassisch aus Savoyen ein Beaufort (etwas milder)
  • ¼ l Sahne
  • 1 Knoblauchzehe
  • Muskatnuss, Pfeffer, Salz, Butter
Die Kartoffeln schälen und in dünne Scheiben hobeln (nicht dicker als 2 mm). In der mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss gewürzten Milch bissfest kochen. Eine feuerfeste Form mit dem Knoblauch ausreiben und ausbuttern. Die Kartoffelscheiben schichtweise blättrig in die Form legen, jede Schicht pfeffern, salzen und mit frisch geriebenem Muskat sowie Beaufort/Gruyère bestreuen. Bitte schichte  nicht mehr als drei Lagen Kartoffeln übereinander! Die oberste Schicht bekommt eine extra Portion Käse, damit dieser köstlich karamellisieren kann. So viel Sahne angießen, dass die Kartoffelschichten fast bedeckt sind. Butterflocken obenauf setzen und bei 180°C in den Ofen schieben. Umluft nicht empfehlenswert. Ca. 45 Min. backen, sollte der Käse zu schnell bräunen, zwischendurch abdecken.

In der heutigen Variante veredel ich das gratin savoyarde mit Löwenzahn in jeweils zwei Schichten über den Kartoffeln.

Kartoffelgratin "Savoyarde", französisches Rezept, mit Löwenzahn und viel Sahne! | Arthurs Tochter kocht. Der Blog für Food, Wine, Travel & Love von Astrid Paul

Fazit

Ein perfekt vorzubereitender Gang. Die Lammstelzen habe ich bereits am Vorabend geschmort und über Nacht im langsam auskühlenden Ofen ruhen lassen. Das Gratin Savoyarde wurde von mir morgens vorbereitet, inklusive des Sahnegusses. 60 Minuten vor dem Hauptgang kamen die Lammstelzen bei 90°C in den Ofen zum leichten Erwärmen. Nach 20 Minuten habe ich sie herausgeholt und abgedeckt zur Seite gestellt. Den Ofen mit der Boosttaste schnell hochgeheizt auf 180° C, dann das Gratin hinein geschoben für 40 Minuten. In den letzten 10 kamen die Lammstelzen wieder hinzu. Die Sauce zum Lamm erwärmte inzwischen auf dem Herd. So waren alle Komponenten gleichzeitig fertig und servierbereit. Lammstelzen, Gratin Savoyarde mit Löwenzahn und die Sauce kamen auf Platten, bzw. in Schüsseln gemeinsam auf den Tisch. Mein Supperclub ist Familienabendbrot mit anderen Mitteln. Schüsseln klappern, Gläser klingen, Lachen perlt.

Ich bin zuhause mit Freunden 

Was soll ich sonst sagen über einen Gang, den Gäste sich per Nachschlag in Mitnahmebehältern haben einpacken lassen und von denen sie mir am nächsten Tag mailten, sie hätten gerade mit Gratin und Lammsauce gefrühstückt?

Give away

Noch etwas zum Mitnehmen. Einen Ohrwurm.
Bitte, gern geschehen! 



Die Weinbegleitung zu diesem Gang, sowie das komplette Menü in der Übersicht mit Links zu den Rezepten findest Du hier:

Der erste Gang:


Genieße Deinen Tag!





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Arthurs Tochter

Astrid Paul, die Autorin von Arthurs Tochter kocht., ist besessen vom Essen. Sie wacht manchmal nachts auf, weil ihr im Traum Essensdüfte durch die Nase ziehen. Dann steht sie auf und fängt an zu kochen. Oder zu schreiben. Vielleicht kocht sie auch nur, um darüber schreiben zu können, wer weiß das schon...

9 Kommentare :

  1. Danke für den Metzgertipp-habe zwar hier in Karlsruhe die Metzgerei Brath, da ich aber alle 3 Wochen in Finthen meine Mutter versorgen darf, war ich schon länger auf der Suche nach einem vertrauenswürdigen Metzger in der Region.Tolles Lammrezept, ach Quatsch, das Ganze Menü klingt super. LG Hildegard

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  2. Diesen Eintrag habe ich mit sehr viel Freude gelesen - inbesondere die Info zum Gratin savoyard. Meine Mama besteht seit jeher auf die Unterscheidung zwischen dauphinois und savoyard :)

    Ganz tolle Idee mit dem Löwenzahn!

    Liebe Grüsse!

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  3. Alles super, auch die Hintergründe zum Gratin, aber Du solltest auch darauf hinweisen,
    dass man die Lammstelzen so lange schmoren muss, weil das Fleisch, egal von welchem Metzger, nicht zart werden kann.
    Lammstelzen sind selbst von den Lämmern auf meiner Wiese einfach ein zähes Zeug.
    So, so, Du weisst also auch, wo Gap liegt. Und dort, genau dort haben wir unser bestes Gratin gegessen. Nicht mit Lamm, nein mit Kalbsleber.
    LG - Wolg

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    1. Ich lese den Kommentar erst heute so richtig. Das ist doch Kappes, dass eine Lammstelze nicht zart werden kann!

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  4. Vielen Dank! Das Rezept ist super, alle waren begeistert und ich im Saucen Himmel. Ich habe für die sauce einen aglianico genommen, den wir letztes Jahr selber vom Winzer in Kampanien mitgebracht haben. Und eine Flasche haben wir noch dazu getrunken!!!

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  5. Vielen Dank, ein tolles Rezept. Ich war begeister von der Sauce. Allerdings habe ich eine Aglianico genommen, den wir letztes Jahr aus kampanien mit gebrachthaben!

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    1. Das freut mich sehr, vielen Dank Isabelle!
      Einen Wein aus Aglianico habe ich bewusst noch nie getrunken, jetzt hast Du mich angefixt :)

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  6. Liebe Astrid,
    Gestern habe ich mit Freude dein Rezept der Lammstelzen nachgekocht. Die Haxen habe ich aus dem Urlaub in Bamberg bei einem eher jungen Schäfer kaufen können, welche alle 2 Wochen auf dem Biowochenmarkt in der Innenstadt ihre Lamm Produkte verkaufen. Zusammen mit deinem Rezept ein unbeschreiblicher Genuss!!!
    In Ermangelung des Löwenzahn habe ich die geschmorten und kleingeschnittenen Broccoli Blätter aus dem Herbst genommen, in Anlehnung an das Kochbuch Leaf to the roots. Sie haben keinen starken Kohlgeschmack und geben einen gewissen Twist.

    Dieser Duft aus dem Backofen nachdem ich nach 3 Stunden mit dem Schlitten Wettrennen gegen meinen Mann gefahren (wir sind Mitte 50 :))) bin, war ein Hammer!

    Ich danke Dir für die tollen Rezepte und die wunderbaren, oft sehr! unterhaltsamen Kommentare und Texte!
    Conni

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