Oder auch: Was macht eine Spargelpflanze eigentlich im Rest vom Jahr?
Von pi mal Daumen April bis sehr genau dem 24. Juni, dem Zeitpunkt, an dem er uns stangenweise wieder zu den Ohren herauswächst, vergnügen wir uns in jedem Jahr am Spargel. Immer häufiger wird die Saison ausgedehnt; überrollt uns der Spargel aus Griechenland bereits locker ab März, können wir nach kurzer Pause im Juli und August ab September die weißen Stangen aus Peru genießen. Ich für meinen Teil brauche den Spargel aus Griechenland nicht und auch nicht den aus Peru, dafür überfresse ich mich ausgiebig in der heimischen Saison. Aber das Spargel aus Peru-bashing geht mir trotzdem gehörig auf den Keks. Bereits im antiken Griechenland wurde Spargel angebaut, zu der Zeit haben die Europäer noch Schwarzwurzeln quer gefuttert. Und Peru, das zweitgrößte Spargelanbauland der Welt(!) hat nun einmal hervorragende klimatische Bedingungen für den Anbau - dass dafür das Wüstenland aufwendig mit Wasser versorgt werden muss - geschenkt. Jedenfalls so lange, wie wir uns ganzjährig an Avocados und Ananas goutieren und heimische Spargelfelder mittlerweile von unten beheizen. Außerdem essen die Deutschen zu viel Spargel. Nur 40 % des Verzehrs können mit dem heimischen Anbau abgedeckt werden¹.
Aber was macht die heimische Spargelpflanze den Rest vom Jahr? Also in der Zeit zwischen dem 24. Juni und dem Beginn der neuen Saison im (möglicherweise) April? Sie ruht. Und sammelt Kräfte. Und weil sehr viele Menschen eben nicht inmitten eines Spargelanbaugebietes wohnen und Spargel nur als Stange zu Gesicht bekommen (so wie manche Menschen denken, Spinat wachse in Klötzen), war ich gestern für euch in einem Spargelfeld.
Mit dem Stichtag 24. Juni, dem offiziellen Ende der Spargelsaison, lässt der Spargelbauer die Spargelpflanze ins Kraut schießen. Die dann aus der Erde treibenden, bis zu zwei Meter langen Stangen, werden grün, und bilden unter dem Einfluss von Sonnenlicht Kohlenhydrate aus dem Kohlendioxyd in der Luft. (Stichwort Photosynthese) So nimmt die Spargelpflanze die dringend benötigten Nährstoffe auf, ohne die sie absterben würde. Es ist also keinesfalls so, dass die Spargelfelder nach der Ernte einfach zugebuddelt werden!
Im Herbst wird das Spargelkraut von den Bauern einfach abgeschnitten und noch vor Ort verbrannt. Es schmeckt nach nix, ich habe das getestet. Ansonsten hättet ihr hier schon längst von einem Spargelkraut-Salat gelesen. Im Winter bleiben die Spargelgräben etwas geöffnet. Das hat den Vorteil, dass sie sich im Frühjahr schneller erwärmen und das benötigte Regenwasser die Spargelpflanze in den Wintermonaten besser erreicht. Und im Frühjahr geht dann alles wieder von vorne los.
Serviceteil
- ¹www.spargelzeit.de
- Zur Vorbereitung auf die neue Saison*: Spargelbücher
- Zur Vertiefung des Wissens*: Botanik für Gärtner: Von Achselknospe bis Zwiebelpflanze. Die Wissenschaft der Pflanzen
Oh, was hast Du hübsche Fotos mitgebracht aus diesem - wie man zu Unrecht denkt - banalen, langweiligen Spargelfeld. Ich bin beeindruckt, wie Du das hingezaubert hast. Und die Informationen über auch mein Lieblingsgemüse, ja die findich ebenso klasse. Obwohl ich doch am Niederrhein das ein oder andere Spargelfeld ganz in der Nähe habe...
AntwortenLöschenSchönes Wochenende!
Wenn Du ein Spargelfeld in der Nähe hast, dann geh mal gucken. Da ist jetzt eine Menge los. Kornblumen, Buschröschen, Kamille... alles rankt sich und freut sich des Lebens, bzw. darüber, dass derzeit dort vor den Bauern und Stechern Ruhe herrscht :)
LöschenDir auch ein feines Wochenende!
Ein bisschen niedlich sind die Regional-Apologeten ja schon, die sich morgens morgens Chia Samen auf den Bananen-Papaya-Smoothie streuen, mittags ne Hass Avocado löffeln und sich abends über die Menschen echauffieren, die im März Erdbeeren kaufen. Weil... die sind ja dann nich aus der Region. Es ist halt wie immer im Leben: eine Portion Gelassenheit machte vieles leichter.
AntwortenLöschenSagt die, die sich eben über den Deppen aufregte, der so langsam bei Gelb über die Ampel fuhr, dass sie dann bei Rot halten durfte. :D
Schönes Wochenende!
Conny
Immer mit der Ruhe, liebe Conny ;) Aber ich kenne das, habe ich doch selbst manchmal einen Backstein auf dem Gaspedal liegen ;)
LöschenIch versuche so regional und verträglich für Umwelt und Mitmenschen zu leben. Das betrifft nicht nur meine Ernährung, sondern ist meine Lebensphilosophie. Und ich bin weißgott nicht perfekt, aber ich gebe das wenigstens zu. Und Dogmatiker sind mir von jeher verdächtig.
Schönes Wochenende auch für Dich! Genieße es, es soll ja zumindest hier bei uns noch einmal warm werden, ich hoffe sehr, bei Dir auch!
Jetzt ohne Quatsch, ich wusste wirklic nicht, wie Spargel eigentlich aussieht. Man macht sich da irgendwie nie Gedanken drüber. Daher vielen Dank für die Aufklärung!
AntwortenLöschenSehr gerne! Schönes Wochenende!
LöschenAuch ich danke für die schönen Bilder und die Aufklärung. Ich habe noch nie eine Spargelpflanze in natura gesehen! Eigentlich traurig :(
AntwortenLöschenAch, ich habe noch ungefähr eine Millionmilliarde Dinge noch nicht in natura gesehen :) So bleibt das Leben spannend.
LöschenWir haben Spargelfelder in der Nähe, aber von nahem habe ich sie mir in der Nebensaison nicht angeschaut. Lohnt sich offensichtlich. :-) Danke für die schönen Aufnahmen und Erläuterungen! Ich wusste beispielsweise nicht, dass Spargel mehrjährig ist.
AntwortenLöschenHat du zufällig gecheckt, ob das echte Kamille zwischen dem Spargel ist?
Ja liebe Peggy, geh unbedingt mal gucken, wenn Du ein Feld in der Nähe hast! Spargel kann bis zu 10 Perioden geerntet werden, dann sind die Stauden erschöpft.
LöschenIch bin mir sicher, dass es Römische Kamille ist, die habe ich im Garten und sie riecht und schmeckt genau so und sieht auch so aus.
Wie immer sind deine Artikel a) spannend zu lesen und b) habe ich wieder etwas Neues gelernt. Vielen Dank. :)
AntwortenLöschenBei uns ums Eck gibt es auch einen Spargelbauern und nachdem ich erstmal gedanklich die zarten fedrigen Gewächse mit meinem heißgeliebten Spargel in Verbindung gebracht habe, war ich gleich doppelt begeistert. :) Die übertriebene Zucht in Drittländern wird allerdings wirklich von Jahr zu Jahr immer unschöner. Avocados werden von mir auch heiß und innig geliebt - wenn man dann allerdings liest oder hört, was dafür alles an Natur plattgewalzt wird, kann einem der Appetit schon vergehen.
Wieder einmal nachdenkliche Grüße,
Rabin