Es gibt Menschen, denen ist wumpe, dass ich faste. Die verlangen ihr persönliches(!) tägliches Rezept, sonst werden sie mürrisch und schicken mir komische Zeitungsausschnitte. Dafür backe ich an meinem 8. Fastentag(!) kleine Petersilien-Gin-Pfannküchlein. Manchmal kann ich mich selbst nicht fassen!
Kleine Pfannkuchen mit Petersilien-Gin-Sauce
Also lieber Klaus, ich habe die Bonbons bestellt, zumal ich die Zweimarkfuffzich für sensationell günstig halte. Hoffentlich schlägt die Nachnahmegebühr nicht so zu.
Und hier kommt wie versprochen - heute sogar ganz öffentlich (normalerweise läuft das über meine Fan-Seite bei facebook) - ein Rezept aus den Tiefen des Blogarchives, sozusagen aus meinen Anfangstagen, nämlich aus September 2009.
"Alle Lockungen, alle möglichen Versuchungen vereinigten sich, um die Arbeiter zur Trunksucht zu bringen. Der Branntwein ist ihnen fast die einzige Freudenquelle ... Der Arbeiter kommt müde und erschlafft von seiner Arbeit heim; er findet eine Wohnung ohne alle Wohnlichkeit, feucht, unfreundlich und schmutzig; er bedarf dringend einer Aufheiterung, er muss etwas haben, das ihm ... den nächsten sauren Tag erträglich macht; ... sein geschwächter Körper ... verlangt mit Gewalt nach einem Stimulus von außen her ... Sein geselliges Bedürfnis kann nur in einem Wirtshaus befriedigt werden ... es ist die moralische und physische Notwendigkeit vorhanden, dass unter diesen Umständen eine sehr große Menge der Arbeiter dem Trunk verfallen muss“
Das schrieb Friedrich Engels (1820 - 1895), der 1842 als junger Mann aus dem pietistischen Barmen im Tal der Wupper für 2 Jahre nach England ging, um dort eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren.Dass Herr Engels jr. sich alsbald Gedanken um das Proletariat und dessen Lebensumstände machte ist bekannt. Nicht überliefert ist, ob er versuchte, die Entstehungsgeschichte des von den Briten so verehrten und sie doch zugrunde richtenden Gebräues zu ergründen.
Wie so vieles Elend in der Welt liegt auch dieser Geschichte einmal mehr ein Vater-Sohn-Konflikt zugrunde. Karl V. (1500 – 1558) hatte irgendwann genug von seinem aufsässigen Sohn, Philipp II. Um ihn loszuwerden und zu verhindern, dass der Sohn versuchen möge, durch einen vorzeitig herbeigeführten Tod des Vaters an den Thron zu kommen, übergab er ihm 1555 Spanien, Mailand, Neapel, Sizilien, Sardinien und die Niederlande. Anstatt sich in der mediterranen Sonne zu aalen, hatte Philipp nichts Besseres zu tun, als seine neuen Reiche tyrannisch zu unterdrücken. Während die Mailänder sich der Kunst hingaben, die Nepalesen erste strukturierte Verflechtungen diverser verbrecherischer Familien planten und die Sizilianer schon mal zur Freude späterer Touristen Amphoren in der lehmigen Erde vergruben, versuchten die Niederländer alles, um Philipp wieder loszuwerden. Das passte diesem erwartungsgemäß wenig, so dass der den aufrührerischen Niederländern den Herzog von Alba auf den Hals schickte. Da ließen diese aber nicht lange mit sich spaßen, legten die Blumenzwiebeln beiseite, griffen zu Stock und Schwert und riefen „Krieg“! Etwa in der Mitte des 17. Jahrhunderts hatten sie die Spanier dann endgültig vor die Deiche gesetzt.
Was aber machten die Holländer nach all den Jahren der Entbehrungen? Das gleiche, was wohl jeder von uns getan hätte: Sie aßen sich mal wieder richtig satt. Aufblühend zu einer der führenden Seemächte Europas begann in den Niederlanden das „Goldene Zeitalter“. Und so wie man auch noch heute in dem kleinen Land am Meer gerne allerlei Gebackenes, Frittiertes und Zerkochtes zubereitet, war es auch damals schon. Nur noch viel schlimmer! Alsbald war die Bevölkerung krank, krampfte sich herum und stöhnte über die Schmerzen in den Verdauungsorganen. Da eilte ihnen jemand zu Hilfe: Franziskus Sylvius de Bove, Professor an der Universität Leyden.
Dieser experimentierte etwa um das Jahr 1600 herum mit Mais, Wacholder, Gerste und Roggen. Sein Ergebnis – einen klaren Wacholderbranntwein, der die Verdauung anregte – nannte er „Geniève“, das sich vom lateinischen „iuniperus“ ableitet und „Wacholder“ heißt.
Und so genießt man auch noch heute traditionell in den Niederlanden in seiner Stammkneipe oder auch mit Freu(n)den zuhause ein Glas Genever. Dabei steht beim jonge Genever mehr die Wacholdernote im Vordergrund, beim oude eher der „moutwijn“, der Malzwein. Passend zum jonge und oude Genever haben die Holländer dann auch gleich den jonge und oude Gouda erfunden.
Jetzt wissen wir aber immer noch nicht, wie das Elend auf die Insel kam.
Das passierte 1688. Zu der Zeit regierte in England Jakob II, seines Zeichens den Franzosen und den Katholiken sehr zugetan. Mit beiden hatten aber die Engländer nichts an der späteren Melone, so dass die Opposition den Protestanten Wilhelm von Oranien um Hilfe bat. Der kam mit 15000 Mann, vertrieb den frankophilen Jakob und ließ sich zum Dank auch gleich die englische Krone aufsetzen. Im Rucksack hatte er damals den Genever, der alsbald zum Kultgetränk der englischen Gesellschaft avancierte. Geholfen hat dabei sicher nicht unwesentlich, dass Wilhelm zeitgleich die französischen Getränke mit immensen Steuern belegt, so dass er den Engländern zumindest zeitweise das Champagnertrinken verdarb. Wo die Engländer doch schon seit 1662 mit der zweiten Gärung experimentierten und auch festere, der Flaschengärung standhaltende Glasflaschen entwickelten. Aber davon ein anderes Mal mehr…
Da aber die Steuerpolitik Wilhelms nicht so ganz ausgereift war, wurde Bier gegen Ende des 17. Jahrhunderts sehr viel teurer als Genever, der dann in rauen Mengen von der armen englischen Bevölkerung getrunken wurden. Da die einfachen Schichten des Französischen nicht mächtig waren und auch betrunken kaum noch in ihrer eigenen Landessprache lallen konnten, verkürzten sie den Namen des Getränkes alsbald auf „Gin“. Wie eine Epidemie breitete sich die billige Tunksucht in England aus und vernichtete ganze Straßenzüge. Ähnliches erlebten nur noch die Franzosen um 1900 herum, als der Absinth das halbe Land in Alkoholleichen verwandelte. Am Ende des 17. Jahrhunderts trank man in England 2,5 Millionen Liter Wacholderbrand – um 1730 waren es schon 25 Millionen, in den 40er Jahren bereits 100 Millionen Liter pro Jahr. Angeblich war in Westminster in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts jedes vierte Haus eine Schnapskneipe in der sich das Proletariat bis zum Erbrechen berauschte.
Quellen: Wikipedia, Zitat aus: "Von Absinth bis Zabaione"
Das ist heute zum Glück anders geworden. Wir trinken unseren Gin gepflegt als Gin Tonic oder Gin Fizz und manchmal, wenn wir des Kochens mit Wein müde geworden sind, verarbeiten wir ihn als Bestandteil in Kräutersaucen:
1 Schalotte in Butter glasig andünsten und mit einem großzügigen Schuß Gin ablöschen. Einkochen lassen. Mit Gemüsefond ablöschen und wieder einkochen lassen. Das 2 x wiederholen. Dann etwas Sahne angießen und ein wenig einkochen lassen. Ein großes Bund glatte Petersilie waschen und kleinhacken. Dann in der nicht mehr kochenden Sauce pürrieren. Salzen, pfeffern und durch ein Sieb streichen. Etwas eiskalte Butter mit der Schlagscheibe des Zauberstabes einmontieren und aufschäumen.
In eigener Sache möchte ich noch betonen, dass ich heute meinen 8., in Worten Achten(!), Fastentag habe! Halbzeit oder so. :)
Genießt euren Tag!
Dann stoße ich mal mit Johannisbeerschorle auf Deine Halbzeit an! :)
AntwortenLöschenLiebe Astrid, ich habe schon immer Angst, wenn ich deine Seite öffne, dass ich irgendetwas ganz furchtbares zu lesen bekomme, so wie: "Ich liege im Krankenhaus, mit einem Schwächeanfall" oder so. Aber ich lese, dass es dir gut geht! So etwas könnte ich NIE im Leben, das weiß ich ganz genau. Dann noch andere bekochen!!! Nein, solche Qualen könnte ich mir nicht vorstellen. Tapfer, tapfer muss ich sagen!
AntwortenLöschenNur datt datt klar ist. Ich war datt nicht. Ich werd´ mit "C" geschrieben! Claus mit C, capito? Aber Sorgen mach ich mir doch...
AntwortenLöschenVielleicht sollte ich diese Bonbons nicht als abendlichen Fernseh-Snack verwenden!
AntwortenLöschenzu dem K von Claus, wahrscheinlich sind schon Teile de Gehirns durch das Fasten ausgeschaltet....Da muss man Verständnis für haben!
AntwortenLöschenUnd jetzt viel Spass mit Deinem Tee & Co, wir essen jetzt Tapas satt in Biarritz!
Guten Abend AT,
AntwortenLöschenalle die ich kenne fasten 7 Tage. Was heißt Halbzeit, möchtest Du ganze 16 Tage fasten? Was ist so die gängige Anzahl an Fastentagen?
Liebe Grüßle
Tanja
Das' ja mal wieder so ne Sauce, mit der man sich - zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, unsterblich machen könnte... Ich geb mich gleich mal dran.
AntwortenLöschen@Hesting:
AntwortenLöschenAch, so ein Johannisbeerschörlchen täte mir jetzt auch gefallen. Ich denke sogar, es wäre eine lässliche Fastensünde. :)
@TFaK:
Ich und schwächeln?! Niemals! :)
Aber es ist sehr lieb, wie Du dich um mich sorgst! :)
Und das Kochen für die Familie ist keine Qual, glaubs mir, sonst würde ich das nicht machen.
@Claus:
Nee, Du warst das nicht! :)
@Peter:
Das sollte wohl niemand wirklich machen! :) Kein Wunder, dass sie sich nicht durchgesetzt haben.
@Bolli:
Tapas in Biarritz- man kann schlechter leben! :)
@Tanja:
ich glaube wirklich, 7 Tage ist der Standart. Für mich ist das nix, ich mache immer länger. Mehr dazu am Montag im nächsten Post. Und liebe Grüße zurück! Ist ja spannend bei Euch im Ländle heute!
@Alex:
ja, das kannst Du sicher, die Sauce ist der Hammer! Ich werde sie demnächst mal zu einem Rumsteak machen.
hallo und danke für deinen besuch :) schön, dass dir die sonntagssüße idee gefällt! mit dem code hast du mir am sonntagabend doch glatt eine kleine herausforderung gestellt ;) nach ein wenig fummelei ist dies nun herausgekommen ...
AntwortenLöschenfunktioniert das wohl?
herzlichst, frl.
@Fräulein Text:
AntwortenLöschenWow! Welch Service! :)
Habe es schon eingefügt, vielen Dank und schönen Sonntag noch! :)
sehr geehrte frau paul
AntwortenLöschenwann waren sie noch mal pächterin von dem ältesten gasthaus aus stein ?
@anonym:
AntwortenLöschenwer sind Sie und warum möchten Sie das wissen?
Ich beantworte anonyme Kommentare in der Regel nicht.