Strenggenommen gehört mein Besuch der Hallgrímskirkja noch zu Tag 2; ich stromerte durch Reykjavik, diese kleine seltsame Stadt mit ihren beheizten Bürgersteigen und Straßen, gekrönt vom Blick auf dieses 1948 geweihte Gotteshaus, auf einem Hügel in der Stadt stehend, alles überragend. Sie ist der höchste Kirchenbau Islands und das zweithöchste Gebäude des Landes überhaupt. Ich bin fasziniert von Kirchen. Egal ob römisch-katholisch, evangelisch-lutherisch oder russisch-orthodox. Egal ob Tempel oder Synagoge, egal ob Dom oder kleine Dorfkapelle, ich lasse mich stets gefangen nehmen von einzigartiger Atomsphäre, die in diesen Häusern herrscht. Ob diese göttlich ist oder von Menschen hinein getragen wird, ist dabei für mich nicht wichtig. Vielleicht ist sie auch nur in mir selbst. Seitdem ich im Alter von ungefähr 12 Jahren meine erste Kerze im Mailänder Dom anzünden durfte, bin ich verloren.
Reykjavik selbst ist keine schöne Stadt, für mich hat sie die Anmutung osteuropäischer Betonverschandelungen. Viel Grau, viel Beton, farblos, uninspiriert. Und diese Kirche wirkte schon am Ankunftstag, von weitem aus dem Taxi heraus betrachtet, gleichzeitig abstoßend und faszinierend auf mich. Mein erster Gedanke war Alienkirche, sie wirkte auf mich, wie von einem anderen Stern, von anderen Wesen zurückgelassen und noch nie zuvor habe ich ein Gotteshaus auch beängstigend, gar abstoßend empfunden.