1-a-Landeier ...
Es ist herrlich, hier auf dem Land! Das handzahme Eichhörnchen lässt sich gerne füttern, vor dem bodentiefen Wohnzimmerfenster ist der Spazierweg eines Igels, der zur Zeit aber wohl (Winter)schläft, vier Katzen wohnen mit 8 Menschen in einer wunderbaren Hofreite, der Apfelbaum steht nicht mehr auf dem Küchenbalkon, sondern auf der Terrasse und im Garten locken Sandkiste und Riesentrampolin die Kinder. Die Luft ist klar, der Blick geht über sanfte Hügel, für die Rheinhessen so berühmt ist. Noch näher sind die Weinberge gerückt, ich gehe nur die Straße entlang, schon stehe ich mittendrin. Mittags schlägt der Kirchturm, mittwochs ist Markt mit einem Käsewagen, einem Gemüsebauern, einem Metzger und einem Bäcker. Mehr braucht der Mensch nicht. Außer der Liebe und seinen Freunden. Meine lud ich mir am letzten Wochenende zum Essen auf das Land. Zumindest einen Teil von ihnen, meine Umzugshelfer_innen, im ganzen waren wir ein Dutzend, Paul O'Malley, den heimlichen Star des Abends nicht mitgezählt.
Wenn frau auf dem Land lebt, kocht sie Landessen. Gerne französisch, denn das ist diese romatische Vorstellung, die ich habe. Von langen Tafeln, spannenden Gesprächen, feinem Wein und dampfenden Schüsseln. Ein Esstisch für 8 an dem 12 saßen ohne dass es eng wurde. Nur noch ein wenig gemütlicher. Und zu essen gab es dies:
Lachshäppchen nach Louis Outhier
Outhier war von 1954 - 1988 Inhaber und Küchenchef des Restaurants L'Oasis, für das er von 1969 - 1988 gleichzeitig drei Michelinsterne und 4 Hauben im Gault Millau Führer hielt. In Frankreich gilt er als Institution, seine Ausbildung absolvierte er wie auch Paul Bocuse, Alain Chapel und Jean Troisgros bei Fernand Point (gestorben 1955) im La Pyramide. Seine Lachshäppchen sind eigentlich nichts anderes als Lachsbrote. Aber wie so oft, liegt der Teufel im Detail. Das Brot muss altbacken sein, d. h. mindestens 3 - 4 Tage gelegen haben. Es muss kräfig sein, ein Holzofenbrot eignet sich am besten. Dann dürfen die Brotscheiben nicht dicker sein, als eine Scheibe des geräucherten Lachses. Dieser wiederum muss von ganz ausgezeichneter Qualität sein, d. h. mit günstiger Supermarktware kommst Du hier nicht weit. Die hauchdünnen Brotscheiben ohne Rinde(!) bestreichst Du mit sehr weicher Butter, belegst sie mit Lachs und klappst sie zu. Dann schneidest Du sie in kleine Häppchen. Dreiecke sind schön, aber für runde Brotlaibe unpraktisch, da zu viel weggeschnitten werden muss. Und Du magst ja gut essen, dies aber nicht besinnungslos verschwenderisch. Zu den Häppchen tranken wir Cremant de Loire und zwar Ladubay 2010, meinem liebsten Cremant überhaupt. Es folgten
Oeuf poché in Rotwein
Pochierte Eier in Rotwein. Das Rezept dazu stammt von Wolfram Siebeck und wurde von mir bereits in den Anfangszeiten dieses Blogs veröffentlicht.- 1 Stange Lauch
- 1 mittelgroße Zwiebel
- 1 Karotte
- 2 Knoblauchzehen
- 50 g sehr kalte Butter
- 4 legefrische Eier, Zimmertemperatur
- 1/2 l Pinot Noir
- 100 g geräucherter Speck
- 2 Nelken
- 1 Tasse Kalbsfond
- 1 Lorbeerblatt
- 4 Scheiben Weißbrot
- etwas Mehl, Butter, Thymian, Zucker und glatte Petersilie
Den weißen Teil vom Lauch, die Zwiebel, die Möhre und 1 Knoblauchzehe in dünne Scheiben, bzw. Ringe schneiden und in etwas Butter sanft andünsten. Den Rotwein und den Kalbsfond aufgießen. Mit den Gewürzen und etwas Zucker 40 Minuten im offenen Topf leise köcheln lassen. Mit Salz und Pfeffer würzen. Während die Sauce köchelt, den Speck in dünne lange Streifen schneiden und in der Pfanne in etwas Butter knusprig braten. Zum Entfetten auf Küchenpapier legen. Die entrindeten Weißbrotscheiben in der Pfanne rösten (oder toasten) und mit Knoblauch einreiben. Die Sauce durch ein Sieb gießen und mit Mehlbutter etwas binden - wenn vorhanden auch gerne mit demi glace. Je ein Ei über einer Tasse oder Kelle aufschlagen und in die leicht köchelnde Sauce hineingleiten lassen. Ca. 4 Minuten pochieren. Das Eigelb sollte wachsweich sein.
Rein optisch ist dieses Gericht eine grande catastrophe, geschmacklich eine kleine Sensation. Essigwasser, pfff.... Es folgte als nächster Gang DAS französische Essen-aus-einem-Topf-Gericht schlechthin - ein
Coq au vin
Erstaunlicherweise habe ich das bisher nicht verbloggt, dabei gibt es das so oft bei uns. Auch bei diesem dem einfachsten aller Schmorgerichte bist Du auf die absolute Perfektion Deiner Grundzutaten angewiesen. Das heißt: Du brauchst als allererstes gute Hähne. Wenn nicht z. B. von Daniel, dann wenigstens mit dem Siegel label rouge, wiederum von diesen aber kein Schwarzfederhuhn, das ist viel zu mager! Du brauchst so etwas Properes, mit viel saftigem Muskelfleisch. Zerteilt (ohne Flügelspitzen und ohne Rücken, die kommen in den nächsten Fond und die sot-l'y-laisse werden eh gesammelt) und mit einem Schwung an Wurzelgemüse, Zwiebeln und Knoblauch versehen, versenkst Du es bis zum Hals in Rotwein. Vielleicht spendierst Du noch ein oder zwei Lorbeerblätter, etwas Pfeffer und wenig Salz. Dafür eine Menge frischen Thymians. Jetzt kannst Du es getrost 2 - 3 Tage vergessen. Musst Du sogar, mindestens 2 Tage sollten die Hühnerteile in der Marinade ziehen können. Wie jemand ein Coq au vin aus dem Handgelenk schüttelt, sprich, mit einem unmariniertem Huhn zubereitet, ist mir von jeher ein Rätsel!
Ein coq au vin bietet nicht viele Knackpunkte, einige aber doch. Die Qualität des Hahnes haben wir besprochen. Als nächstes steht der Wein an. Er soll nicht soooo teuer sein, schließlich brauchst Du eine ganze Menge davon. Allerdings gebe ich Dir den guten Rat, nicht zu geizen. Aus Wein wird Marinade wird Sauce und jeden billigen Tropfen hast Du am Ende auf dem Teller. Kräftig sollte er sein. Z. B. trinke ich gerne Pinot Noir zum Coq, aber zum Einlegen bevorzuge ich einen kräftigen Côtes du Rhone oder Côtes du Ventoux. Ganz besonders gilt hier die Regel, den Hahn nicht in einen Wein zu legen, den Du nicht bereit wärest, zu trinken. Das ist eigentlich schon alles und somit setzt Du selbst die finanzielle Grenze. ...
Nach frühestens 2 Tagen nimmst Du die Fleischstücke heraus, lässt sie abtropfen und wendest sie in Mehl. Dann brätst Du sie langsam an. LANGSAM! Du brauchst für jeden "Pfannengang" sicher 10 Minuten mindestens, eher 12.
Ins Bratfett gibst Du am Ende die ebenfalls abgetropften Gemüsestücke und spendierst diesen nach dem Anbraten einen Schluck marc de champagne. Anschließend gibst du die Fleischstücke dazu und gießt die durchgesiebte Marinade auf. Jetzt lässt Du alles kurz aufwallen und im Anschluss ca. 3 Stunden sanft schmoren. Fleisch und Gemüse wieder heraus, Sauce über Nacht abkühlen lassen und den Fettdeckel abheben. Erwärmen und wieder absieben, bzw. durch ein Tuch gießen. Abschmecken und die Hühnerteile wieder hineinlegen. Jetzt kommen die Champignons. Oder Trüffel, so Du welche hast. Trüffel im coq au vin sind herrlich, aber für 12 Personen auch ziemlich teuer. Also Champignons. Diese musst Du laaaaaangsam braten. Stiele raus (ab damit ins TK, auch für den nächsten Fond aufbewahren!)
Ins Bratfett gibst Du am Ende die ebenfalls abgetropften Gemüsestücke und spendierst diesen nach dem Anbraten einen Schluck marc de champagne. Anschließend gibst du die Fleischstücke dazu und gießt die durchgesiebte Marinade auf. Jetzt lässt Du alles kurz aufwallen und im Anschluss ca. 3 Stunden sanft schmoren. Fleisch und Gemüse wieder heraus, Sauce über Nacht abkühlen lassen und den Fettdeckel abheben. Erwärmen und wieder absieben, bzw. durch ein Tuch gießen. Abschmecken und die Hühnerteile wieder hineinlegen. Jetzt kommen die Champignons. Oder Trüffel, so Du welche hast. Trüffel im coq au vin sind herrlich, aber für 12 Personen auch ziemlich teuer. Also Champignons. Diese musst Du laaaaaangsam braten. Stiele raus (ab damit ins TK, auch für den nächsten Fond aufbewahren!)
Dann werden die Köpfe in Butter angebraten. Die Menge in der Pfanne darf niemals größer sein, als sie nebeneinander liegend Platz finden. Die Hitze darf nie so hoch sein, dass die Butter verbrennt. Das dauert... Nach einiger Zeit werden sie gewendet.
Nach dem Anbraten legst Du sie auf Küchenkrepp zum Abtropfen und erst ganz zum Schluß gibst Du sie in die Sauce. Der kulinarische Teil des Abends schloss mit Lebkuchen-Stollen-Eis in der Mandelhippe mit Rotweinpflaumen.
Und glaub mal nicht, dass ich Dir ein Photo vom coq au vin zeige. Zwar habe ich eines gemacht, aber noch schlimmer als bei den oeuf poché kann frau da gar nichts herzeigen. Du musst mir also einfach vertrauen, dass die o. g. Beschreibung sich zu einem kulinarischem Ganzen fügt.
Für die, die noch zum Frühstück blieben oder auch wiederkehrten, gab es fantastische english muffins, auch Toasties genannt, von Chef Hansen, auf die wir uns die letzten Lachsscheiben legten und den vorangegangenen Abend Revue passieren ließen. Und was war dies wieder schön, und was bin ich vom Glück gepeitscht!
Danke!
Genießt euren Tag!
*Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Dies hat keine Auswirkung auf den Preis der Ware!
Soooo schön war's!
AntwortenLöschenDas mit den Pilzen...faszinierend!
AntwortenLöschenLiebe Kochpoetin, ähhhhh... faszinierend? :)
LöschenWenn Du zu mir kommst, muss Du mir unbedingt diese Brösel mitbringen. Die fehlten nämlich auf meinem Eis. Ansonsten war aber alles in Ordnung.
AntwortenLöschenNee, ich mach doch nur Quatsch. War absolut superspitzenphantastisch und ein großer Spaß. Ich wundere mich immer wieder, was diese einsamen Menschen aus dem Internet sich alles zu erzählen haben, sobald sie mal raus kommen. - Tausend Dank! Und ich hoffe nun, Dich bald mal bei mir begrüßen zu dürfen!
Ich hab jetzt trotzdem Riesenlust auf Coq au Vin bekommen, diese Variante gefällt mir sehr gut.
AntwortenLöschenAußerdem muss ich mich ja noch auf die Suche nach den richtigen Pfaffenschnittchen machen, die ja doch nicht waren, für was ich sie hielt ;-)
Das sind ja nur Highlights, die du da serviert hast! Da sieht man, dass du wirklich ein Profi bist.
AntwortenLöschenWo nimmst du die anderen Zutaten her, die du auf deinem Markt nicht bekommst? Also Lachs z. B.? Lässt du sie dir schicken?
Wunderbar! Glücksgepeitscht auch diejenigen, die Deine Gäste sein durften!!!
AntwortenLöschenLiebe Yushka, vielen Dank für das nette Kompliment!
LöschenIch hab jetzt noch Striemen...
AntwortenLöschen@Utecht: Was für Striemen? Sind mir Teile des Unterhaltungsprogramms entgangen?
AntwortenLöschenIch denke mal, liebe Nata, auch Herr Utecht fühlt sich vom Glück gepeitscht.
AntwortenLöschenLiebe Turbohausfrau, tatsächlich fährt hier einmal wöchentlich ein Fischwagen übers Land. Allerdings kaufe ich ihn meistens bei METRO, so auch diesen Räucherlachs. Die Firma heißt Friedrichs www.gottfried-friedrichs.de/
AntwortenLöschenLiebe Britta, gib mir unbedingt Bescheid, wenn Du sie gefunden hast, ja? :)
AntwortenLöschenpaah...von wegen tagelang marinieren. Der Herr Bucholz schafft das Gericht innerhalb einer Sendung "ARD-BÜFETT".
AntwortenLöschen...na gut. Er behauptet ja auch, dass man Lachs für ein Tatar einfrieren muss, weil es beim Schneiden sonst zu warm wird.
Ich hätte dann lieber dein Hühnchen gegessen als seins. und ich bin neidisch auf alle, die dass alles bei dir genießen durften.
Liebe Frau Kampi, naja, Herr Buchholz und ich... das ist ja eh so'n Thema...:)
LöschenMacht er sein Tatar im Mixer oder warum friert er den Lachs ein? Ich würde ihn ja fragen, wenn ich noch in seine Restaurants ginge.
Deine "Liebe" zu Herrn Buchholz kenn ich ja ein wenig. Und nein, er hat es mit dem Messer geschnitten...
AntwortenLöschenVielleicht war das Messer lediglich stumpf, dann lässt sich der Fisch gefroren besser schneiden :) :)
AntwortenLöschenSag mal bitte, welche Sendung das war, bzw. von wann.
Es war das gestrige ARD-Büfett, die erste Hälfte der Sendung. Ist sicher in der Mediathek noch anschaubar
AntwortenLöschenDanke, den Lachs habe ich mir jetzt angeschaut. Er hat natürlich recht, wenn er angefroren ist, lässt er sich besser schneiden, das mache ich z. B. mit Rinderfilet, wenn ich ein Carpaccio schneide. Nur die Sache mit der Hitze ist doch Kappes, so schnell schneidet auch Herr Buchholz nicht. Aber die müssen kochen und gleichzeitig babbeln... da kommt bestimmt einfach ne Menge Mist, die die Köche sonst nicht erzählen würden.
AntwortenLöschenEin Coq KANN man natürlich auch machen, ohne das Fleisch einzulegen, nur mit schmeckt es halt sehr viel besser, intensiver und "tiefer". Nur dafür ist das Buffet denke ich nicht die richtige Sendung. Da soll es gut, aber auch praktisch zugehen. 2 - 3 Tage marinieren und dann nochmal einen Tag stehen lassen, um das Fett abzuheben - so etwas kannst Du in dieser Sendung wahrscheinlich einfach nicht vermitteln. Ich mag z. B. keinen Speck im Coq, ich weiß auch nicht, was er da soll, trotzdem gibt es ihn in fast allen Rezepten.
Faszinierend, dass die Pilze durch das lange, langsame Braten in Butter so schön bräunen! (Ich habe sie bislang wahrscheinlich immer mit zu großer Hitze angebraten, so dass sie schnell wässerten und dann eher kochten)
AntwortenLöschenLiebe Kochpoetin, ja, es braucht Zeit, wenn frau die Champignons so schön braun bekommen möchte. Und Platz, damit sie nie übereinander liegen. Und Salzen erst zum Schluß.
AntwortenLöschenGleich heute Abend probiere ich es ;-)
AntwortenLöschenLiebe Astrid, wenn ich hier vorbei schaue treibt es mir jedesmal Appetit in den Magen und Schamesröte in's Gesicht. Bei dir klingt und gelingt das Alles so einfach. Die in Rotwein pochierten Siebeckschen Eier beispielsweise habe ich schon ewig in meiner Nachkochliste und Coq au vin ist auch nix, was man mit schmalem Budget nicht bewerkstelligen könnte. Nur bin ich für Manches zu feige. Oder zu bequem. Oder Beides.
AntwortenLöschenDann gibts die tollen Gerichte halt nur virtuell. Bei dir. Und eine Portion Freundscahft gratis dazu...
Schön, dass es dich und deinen Blog gibt!
Du liebe Peggy bist ja verrückt! :)
AntwortenLöschenVielen Dank für das dicke Kompliment und ich freue mich schon riesig auf Mai!!!
Hallo,
AntwortenLöschenich habe gerade nach einer Möglichkeit für Champignons gesucht und dabei an deinen Blog gedacht - bin fündig geworden.
Das langsame Garen der Köpfe in Butter werde ich jetzt immer so machen, ist ganz toll geworden, ich habe noch paar Knoblauchzehen dazwischen getan, die ebenfalls schön weich und angeröstet waren - super - Danke
dgu
Hallo dgu,
AntwortenLöschendanke für das nette feedback! Das mit den Knoblauchzehen klingt köstlich! Schöne Adventszeit für Dich und Deine Lieben. LG Astrid