Ein Gedicht
Sein halbes Leben - kaum zu raten
verbringt der Mensch allein` mit warten.
Und das fängt schon als Säugling an.
Der schreit - weil er schlecht warten kann -
nach frischer Windel - Mamas Brust -
ausdauernd - laut - und zielbewusst.
Paar Jahre später - wartet dann -
das Kleinkind - auf den Weihnachtsmann.
Und auch im Kindergarten immer -
auf`s spielen dürfen - dann- im Zimmer.
Und später - wenn das Kind schon "groß"-
dann geht das Warten richtig los.
Es wartet auf die Schulhof - Pause -
die nächste Sommer - Ferien - Sause -
die nächste Sommer - Ferien - Sause -
darauf - das alle Pickel schwinden -
die sich so im Gesicht befinden -
auch wartet so ein Kind auf Erden -
auf`s Wachsen - und erwachsen werden.
auf`s Wachsen - und erwachsen werden.
Auch wartet`s auf die erste Liebe -
denn darauf zielen alle Triebe -
und wartet auf den ersten Kuss-
der irgendwann passieren muss.
Und nach der Schulzeit - fängt man an
mit einer Lehre - wartet dann-
so zwei - drei Jahre - bis man glatt
die Prüfung auch bestanden hat.
Jedoch das Warten - das geht weiter -
auch für`n gelernten Facharbeiter.
Das Warten auf den nächsten Lohn -
auf`s erste Kind - den ersten Sohn.
Und wenn man krank ist - wartet man -
bis man dann wieder laufen kann.
Mal wartet man im Wartezimmer -
dort wartet auf den Arzt man immer.
Mal steht man an der Kasse an -
und wartet - bis man endlich dran.
So wartet man - tagaus - tagein.
Das halbe Leben lang - wird`s sein. Und wartet -
auch ganz ohne Not -
sein halbes Leben - bis zum Tod.
Denn - ob jetzt schlau - dumm - arm - ob reich -
die Wartezeit - ist menschlich gleich.
Autor: Peer Bux-Baum aka Peter Braun-Beustrin
(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors Peer Buxx-Baum verbunden mit herzlichem Dank!)
Wunschzettel
Ungefähr vier Wochen vor Weihnachten schrieb ich den ersten Wunschzettel. Puppenstube mit Carrera-Bahn vor der Haustür. Oder doch lieber eine Eisenbahn? Ein Marionettentheater wie Julia, das Nachbarsmädchen? Gingen vier Wünsche? Oder sind Wünsche mengenmäßig begrenzt, bevor sie anfangen, unverschämt zu werden? Und würde das Christkind eine Barbiepuppe liefern, die so gehasst war von meiner Mutter, und mit der ich auch auf Besuch bei den Nachbarskindern immer nur mit schlechtem Gewissen spielte? Und so kamen wohl die Philosophie und der Feminismus gleichzeitig in mein kleines Leben, begründet auf Wünschen, langen Plastikbeinen und dem Christkind. Der Zettel wurde gefaltet, mit einem Kiesel beschwert und auf das äußere Fensterbrett gelegt. An diesem Abend wurden die Fensterläden nicht geklappt, wie hätte das Christkind den Wunschzettel sonst finden sollen? Abends lag ich lange wach an diesen Tagen, starrte aus dem Fenster, versuchte einen Schatten zu erkennen, einen Anflug von güldenem Haar...
Warten aufs Christkind...
Einige Jahre später hatte ich Geschwister und somit Warte-Partner. Die ARD sendete von1960 - 1995 jährlich "Warten auf's Christkind" mit Sendungen wie Kater Mikesch oder Cäsar, dem mutigen Hasen! Der war h. c. c. immerhin und seine charmante Begleiterin Hanni Vanheiden. Und so wie es nur 2 Programme gab, hatten wir auch nur einen Fernseher. Nicht so wie heute, mit einem in jedem Raum und schon über dem Babybett und in der Küche sowieso. Aber in der "Warten aufs Christkind"-Zeit, da gab es auf einmal einen Zweitfernseher, eine alte Kiste in schwarz-weiß, deren An-Aus-Knopf sich nur noch mit der Kraft zweier Daumen gleichzeitig in die Tiefe seiner Elektrik drücken ließ und um dort zu bleiben, benötigte er einen Groschen, hineingeklemmt wie beim Klingelstreich in seinen wackeligen Luftraum im Schalterschacht.
In der Wohnung draußen raschelten die Eltern herum, hektisches Treiben, weihnachtliche Musik, Toilettengänge nur auf Zuruf möglich, aus dem verschlossenen Raum mit verbundenen Augen von Arthur zum Badezimmer geführt. Aus der Küche duftete die Kalbfleischsülze, gestürzt aus meterhohen Einmachgläsern, jedes Jahr ein neuer Rekord, jedes Jahr ein höheres Glas, ein höherer Sülzeturm. Arthur erzählte vom Vorbeiflug des Christkindes, dass er seine Haare gesehen habe, sein weißes Gewand am Küchenfenster vorbeigehuscht sei; ach wie schade, die Augen so verbunden, nichts mitbekommen vom scheuen Wesen.
Ein Christkind verschwindet
Auf einmal war das Christkind verschwunden. Jesus Christus war gestorben für alle Menschen, wie kann man ein solches Opfer verniedlichen, kein Christus kann ein Kindlein sein und das Geschenk des ewigen Lebens ist so viel mehr wert, als die nächste Puppenstube. Adventistischer Glaube hielt Einzug in die Familie, verwirrte uns Kinder in vielerlei Hinsicht, aber verdarb uns nicht die Geschenke. Das Christkind schickte adäquaten Ersatz - den Weihnachtsmann. So warteten wir in den folgenden Jahren mit diesem auf die Bescherung, wir wechselten von Plumperquatsch zur Familie Drombusch und ein neuer Fernseher zeigte sie uns in Farbe: Den drögen Polizistensohn, die rebellische Tochter, die selbstgerechte Mutter und das Miststück von Oma. Der netteste war immer noch Hans-Peter Korff als Siegfried "Papa" Drombusch, den ich aber als Postbote Onkel Heini in "Neues aus Uhlenbusch" viel lieber mochte.
Und dann kam das Glöckchen. Ein leise glänzendes ♫♫Dingding♫♫ erschallte, Messing im Ton, hochglanzpoliert aus samtener Schachtel. Wir saßen im Wohnzimmer, mit gescheiteltem Haar, die schönste Kleidung und polierte Schuhe mit Spucke auf Hochglanz gebracht. Der Baum strahlte, seine silbern verzierte Spitze stieß an die Zimmerdecke, ausladend erstreckten sich die Zweige in den Raum. Konnte das dort eine Gitarre sein? Würde der Weihnachtsmann die Unendliche Geschichte bringen? Bebend vor Aufregung nahmen wir auf dem Sofa Platz und warteten weiter.
Im Hintergrund sangen Chöre mit 33⅓ min−1, wir wickelten die Geschenke aus, es herrschte Jauchzen und Freude und Umarmungen und tatsächlich stand doch dort unter einer Decke ein Käfig, ein Schnuffi, so weiß und flauschig, und wer braucht schon eine Gitarre oder ein Puppenhaus? Und die Unendliche Geschichte, geschrieben in rot und grün, passend zu den Weihnachtsfarben, ausgelesen bereits am 2. Weihnachtstag, Sülze und Buch immer gleichzeitig am Tisch.
Heute warte ich nicht mehr auf das Christkind, nicht auf den Weihnachtsmann; ich warte nur auf die Ruhe. Am liebsten würde ich Weihnachten verschieben injedem diesem Jahr. Nur um ein oder zwei Wochen, nur um mich ein wenig einzustimmen, nur um zu mir zu kommen. Ich warte auf Beruhigung. Meine letzte berufliche Verpflichtung steht für den 21.12. im Kalender, danach ist Ruhe. Ich werde danach keine Aufträge annehmen, keine Verabredungen treffen, nichts. Ich warte auf unser Kind, das aus Hamburg kommt und Weihnachten bei uns verbringen wird. Ich warte auf gutes Essen und guten Wein, auf feine Gespräche, lustige Abende, Kuscheleien; eine ganze verschmuste Familie auf der Ektorp-Eck-Couch samt Kater. Ich warte auf die Freude. Und die Liebe, die in allem ist.
Dieser Beitrag ist mein Türchen für den alljährlichen Adventskalender von Hundertachtziggrad°. Seine Tradition begründet er im Weinforum von chefkoch.de, in dem Susa Hunderachtziggrad die wohlgeschätzte Moderatorin und geliebte Weihnachtsherrin der Kalender war. Ich schreibe für diesen Kalender seit 2008 mal komisch und mal nachdenklich, aber immer aus dem Leben gegriffen:
2008 Vom Schenken
2009 Vom ersten Rotwein
2010 Vom Vergessen
2011 Brief an den Weihnachtsmann
2012 Von der Tradition
2013 Vom Warten
Den Gedichtband "Der Wurm" von Peer Buxx-Baum bestellst Du direkt bei ihm über seine Homepage. Wenn Du genau so verrückt bist nach alten Serien wie ich selbst, dann erhältst Du hier die Drombuschs als komplette Serie in einer Box* und hier Neues aus Uhlenbusch mit Heini dem Briefträger* .
Alle Links in diesem Blog, außer sie sind besonders gekennzeichnet, beruhen auf meinen persönlichen Erfahrungen und der damit verbunden Empfehlung. Sie sind weder gesponsert noch bezahlt.
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Das Weihnachtsglöckchen
"Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die aller erste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens."(Lukasevangelium 2, 1-14)
Jauchzet und frohlocket
Heute warte ich nicht mehr auf das Christkind, nicht auf den Weihnachtsmann; ich warte nur auf die Ruhe. Am liebsten würde ich Weihnachten verschieben in
Disclaimer und Service
2008 Vom Schenken
2009 Vom ersten Rotwein
2010 Vom Vergessen
2011 Brief an den Weihnachtsmann
2012 Von der Tradition
2013 Vom Warten
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Diesen Beitrag hast du wie immer sehr schön verfasst! Du bist wahrscheinlich noch etwas jünger als ich, denn die Fernseh-Serien kenne ich nicht. Meine Eltern, welche sehr gläubig waren und meine Mutter heute noch ist, konnten uns nie vormachen, dass es ein Christkind gibt, das die Geschenke bringt. Wir waren 7 Kinder. Wir haben keine Wunschzettel geschrieben, da es nie möglich gewesen wäre, auch nur einige der Wünsche zu erfüllen. Wir wußten, dass das was wir geschenkt bekamen von Herzen kam und wenn es ein Nähkörbchen war:) Das Ende deines Beitrags spricht mir so richter aus der Seele. Ich freue mich auch auf meine zwei "Kinder" und die Kinder auf sich, da sie dieses Jahr 850 km voneinander entfernt studieren. Im Grunde ist es das was zählt: zwischenmenschliche Harmonie!
AntwortenLöschenMeine lustigste Erinnerung ans Warten aufs Christkind ist an das Jahr, als hinter der verschlossenen Wohnzimmertür ganz seltsame knarrende und quietschende Geräusche zu hören waren. Wir Kinder rätselten ob das Christkind vielleicht Rollschuhe (Wunsch Bruder S.) oder einen Tretroller (Wunsch Bruder B.) zusammenbauen würde.
AntwortenLöschenDer Rätsels Lösung: Bruder D. bekam einen Goldhamster, der im abgedunkelten Zimmer in seinem Rädchen rumlief.
Man ist ja geneigt zu glauben, dass das Warten mit Augenbinde leichter war, als das heutige Warten. Bin da aber gar nicht so sicher. Jedenfalls bin ich froh, dass es noch was zum Warten gibt, und dass es nicht selten am Ende das Erhoffte auch bringt.
AntwortenLöschenIst halt ein Mitarbeitswarten ;-)