Mit großer Freude begrüßt euch heute meine Gastbloggerin Gabriele Gugetzer, Kochbuchautorin, freie Rezeptredakteurin für effilee, Stern - gesund leben, essen & trinken und viele andere mehr. Unter anderem schreibt sie Kochbücher für den Verlag Gräfe und Unzer, ihr aktuelles Buch "Roh" habe ich hier vorgestellt. Weitere Infos gibt es auf der Seite des FEC *klick*
Every grain of rice von Fuchsia Dunlop
Was für ein Name, Fuchsia (Fjuschia ausgesprochen) Dunlop, wie der Reifen. Damit macht man einfach keine Karriere im Bankensektor. Sondern geht als Frischling nach Chengdu, Provinzhauptstadt und kulinarisches Mekka für alle, die wissen, dass man in China nicht nur Hunde isst (hat sie nicht) oder frisch geschlachtete Schlangen (hat sie schon).
Vor knapp zwanzig Jahren war Fuchsia Dunlop die erste Europäerin, die an der Kochschule von Chengdu in der Provinz Sichuan das Kochen lernen wollte. Wer China kennt, auch nur ein bißchen, der weiß, dass allein dieses Unterfangen ein Buch wert ist – tatsächlich hat sie ihre Memoiren darüber verfasst, lustig sind die und beeindruckend („Shark’s Fin and Sichuan Pepper: A sweet-sour memoir of eating in China“). Denn es waren ja nicht nur Techniken und Utensilien, die völlig anders sind wie im Westen, heute noch. Es sprach auch überhaupt niemand Englisch. Also lernte sie Sichuan Mandarin. Zeichen inklusive. Sie lernte überdies, dass man Frühlingszwiebeln auch in Form von Pferdeöhrchen (ma er duo) schneiden kann, dass Brunoise in China ebenfalls bekannt ist (ke), dass Chinesen alles mit vier Beinen essen, nur keinen Tisch – und nicht nur aus Angabe, sondern auch, weil die letzte furchtbare Hungersnot das Riesenland erst in den 1980er-Jahren heimsuchte.
Sie lernte und lernte und schrieb Kochbuch um Kochbuch, ich habe sie alle. Ihr neuestes widmet sich nun einer Variante dessen, das wir Deutsche für die tollste Küche der Welt halten. Anstelle von cucina alla mamma bringt sie chinesische Hausmannskost für jeden Tag.
Gemacht ist das Buch für Einsteiger. Produkte zwischen Würzsauce und Trockenpilz werden präzise beschrieben, wie man ein chinesisches Hackebeil schärft, wird auch gezeigt (ist gar nicht so einfach). Und überhaupt ist dieses Buch ganz im Gegensatz zum Buch von Judy Rodgers, als absolut gelingsicherer Küchenratgeber aufgebaut. Links steht das Rezept. Übersichtlich gelayoutet, chic auch in Mandarin-Schriftzeichen dargestellt. Die Zutaten sind metrisch und problemlos zu bekommen, einen Asien-Laden vorausgesetzt. Rechts steht das Foto.
Die Fotooptik ist tatsächlich so appetitlich, als seien wir nicht in China, sondern in Japan unterwegs. Auch das ist für alle, die schon mal in China waren, bestimmt ein Pluspunkt. Mit der Küchenoptik hat man es noch nicht allerorten so sehr wie bei uns, und Gepflogenheiten wie die, ein Huhn mitsamt Federn in den Kochtopf zu befördern, kann durchaus ein schlagartiges Sättigungsgefühl beim Zuschauer hervorrufen, aber...
... genau so sind Frau Dunlops Rezepte eben nicht. Fix mal Sojasprossen mit getrockneten Shrimps und einem Schuss Sojasauce zusammengerührt, kaltes mariniertes Huhn mit Sesamsaat bestreut und es schmeckt nicht nur ungewöhnlich fein, sondern sieht sehr schön aus, getrocknete Tofuhaut, die an Bambus erinnert, im farbigen Dreiklang mit Frühlingszwiebeln und Chilis (auch die sind auf westliche Gaumen zugeschnitten; in Sichuan selbst misst man Chilischärfe ähnlich wie in Korea mit dem Löffel ab, nicht mit der Messerspitze). Eine gedämpfte Forelle, supersimple Austernpilze, ein wärmender Suppenklassiker mit Spiegelei, Nudeln und Tomaten im selbst gemachten Nudelsud... so geht das über 300 Seiten ansprechend, pfiffig, lecker und fein weiter.
Vielleicht kommt dieses Buch dann auch mal in einer deutschen Übersetzung auf den Markt. Das wäre ihr zu wünschen. Zumal ihr ein bißchen Karriere im Bankensektor bereits gelungen ist: Fuchsia Dunlop schreibt regelmäßig für die englische Financial Times, eine der unspießigsten Zeitungen, die ich kenne.
Every Grain Of Rice Simple Chinese Home Cooking
By Dunlop, Fuchsia
Jun-2012
Englisch, Gebundene Ausgabe
Text: Gabriele Gugetzer
Wie gut, dass ich jetzt endlich mal Zeit habe, so richtig schön Blogtour zu betreiben. Wie könnte es da abwechslungsreicher und anregender losgehen, als Rezension um Rezension durchzustöbern und sich so richtig auf den nächsten Besuch im Buchladen zu freuen? Ansprechend, pfiffig, lecker und fein - das muss real durchgeblättert werden.
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