Rezept für eine Umamirakete: Linguine mit geröstetem Blumenkohl, Kapern, Sultaninen und Petersilie
Die ein oder der andere mag sich noch erinnern: In meinem Beitrag über das eigentümliche Erlebnis mit einer Blumenkohlbolognese in der Lasagne habe ich versprochen, dem Blumenkohl bei Gelegenheit eine divergente, kulinarisch attraktivere, Behandlung angedeihen zu lassen. Et voilà, wie wir niedersächsische Rheinhessen zu sagen pflegen - bitte schön:
In einem meiner liebsten kulinarischen Bücher, dem Geschmacksthesaurus von Niki Segnit, den ich lese wie andere Leute Romane, nämlich immer wieder, kreuz und quer und manchmal auch der Reihe nach, stand dort zu Blumenkohl, es passten zu ihm gut Kapern und Rosinen mit Bergen von Petersilie. Solche Sätze lassen mich nicht mehr los. Wie bringt man das alles zusammen, war nur die Frage und das, was alle Elemente auf das Vortrefflichste verbindet, ganz klar, ist ein kleiner Hauch cremiger Sahne, die fette, mit soviel Fettprozenten wie sie nur zu bekommen sind, unter 35 % also geht gar nichts, 36 sind besser. Ich kaufte Kapernäpfel, die erschienen mir geeigneter und griff zu Sultaninen anstelle von Rosinen, das ist aber wurscht.
Ich röstete den Blumenkohl, in Röschen geschnitten, im Ofen bei 180°C Umluft mit etwas Avocadoöl, Salz und melange blanc. Samt des auf dem Backpapier gesammelten Öles kam er alsdann in einen Topf, in Scheiben geschnittene Kapernäpfel hinzu, ebenso die Menge eines Esslöffels voll Sultaninen. Eine halbe, in dünne Scheiben gehobelte Cipolla Rossa di Tropea (Calabria IGP) durfte mitschwitzen, dann wurde alles mit einem Schluck (sic!) Silvaner und Sud der Kapernäpfel, die aus dem Glas kamen, abgelöscht und mit der Sahne aufgegossen. Es folgte die Feinabstimmung - noch eine Prise Salz, etwas Kapernsud. Pfeffer, was war mit Pfeffer? Ja sicher. Etwas. Grün, getrocknet, frisch gemörsert. Ab auf die Terrasse und zwei Handvoll glatte Petersilie, die hier bei mir im Freiland ein fein zitronig-pfeffriges Aroma entwickelt, schneiden. Die Petersilie hacken und unterheben, sowie einiges Grün zum Obenaufstreuen beiseite legen, war eins. Dazu habe ich Linguine gekocht, gepresst durch Kupferwalzen, das gibt der Pasta eine schöne raue Oberfläche, die die Sauce später gut aufnimmt.
Versprochen ist versprochen: Das Fazit
Süße trifft auf Säure mit einem Hauch Schärfe. Es ist ja immer so eine Sache mit dem Eigenlob. Ist das wohl typisch deutsch, dieses gesellschaftlich geächtete offene Bekenntnis zum eigenen guten Tun? Mir egal. Wer wie ich dazu neigt, sich selbst stets kritisch zu hinterfragen sollte im Gegenzug auch deutlich sagen: Das habe ich gut gemacht!
Was ist eine Schlampamperei?
Ich wusste, dass die Frage kommt! Erst einmal ist eine Schlampamperei eine persönliche Ableitung meines neuen Lieblingswortes schlampampen. Schlampampen steht für schlemmen und schmatzen, abgeleitet vom Wort Schlampe, welches eine Bezeichnung für einen dicken Brei ist, vor allem Reste der Maische, die die Winzer früher gegessen haben. Erstaunlicherweise steht schlampampen nicht auf der Roten Liste für bedrohte Wörter, also werde ich es dort einreichen.
Und Du überlegst Dir jetzt bitte, was Du letzte Woche Tolles getan hast, wem Du vielleicht ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hast und dann stellt Du dich hin, vor Dich selbst und vor die ganze Welt und sagst ganz laut: Das habe ich gut gemacht! Naaaa? Tolles Gefühl, oder?
Genieße Deinen Tag!
Serviceteil
- Lasagne mit Blumenkohlbolognese: Bitte hier entlang
- Rote Liste der bedrohten Wörter: Glaubst Du, ich scherze? Gibt es hier und hier das Lexikon dazu
- Auch verrückte Sachen kochen und den Geschmacksthesaurus kaufen wollen? Bei dem Buchhändler Deines Vertrauens oder bei amazon*
Ja, ne? Möglicherweise hast Du jetzt, um 7:45 Uhr, über unser Abendessen entschieden. Sehr praktisch. Machst Du das auch auf Bestellung?
AntwortenLöschenIch nehme übrigens an, dass Du ein ganzes Glas Kapern zerschnitten hast? Und wie viele wurden von dem und den restlichen Zutaten satt?
Gute Woche!
Ich will diesen Teller. Jetzt sofort!
AntwortenLöschenDass man Kapern auch in lecker machen kann habe ich nicht gewusst.
AntwortenLöschenSchlampampen! Allein dafür gebührt Dir Dank! :)
AntwortenLöschenDer Geschmacksthesaurus, das ist die beste Anschaffung, die ich jemals gemacht habe!
AntwortenLöschenHahaha! Mal wieder gelacht. Endlich! Und - ja, dieses schrecklich deutsche "Lichtunternscheffelstellen"... Irgendwie erinnert mich dein schöner Teller an Ottolenghi - nicht nur wegen der Optik, sondern auch wegen der Kombination aus Kapernäpfeln und Sultaninen ... Und natürlich wegen des Blumenkohls!
AntwortenLöschenSommerliche Grüße!
Yushka
Das Rezept klingt extrem nachkochenswert. Mein Favorit in Bezug auf Bücher in denen es um Aromenkombinationen geht ist das 'Lexikon der Aromen und Geschmachskombinationen' von Page/ Dornenburg. Sehr trockene Listen, die es aber in sich haben. Den Ausdruck Schlampe für dicken Brei kannte ich bislang nicht, sondern nur für weibliche Exemplare mit diversen Attributen, dagegen kenne ich Pampe als undefinierbaren Brei. Liegt vermutlich an der niederbayrischen Prägung ;-)
AntwortenLöschenPasst blendend in die Ratzfatzsommerküche. Danke für die Idee
AntwortenLöschenLiebes Milchmädchen,
AntwortenLöschenich weiß. Zu spät. Aber Du hast es ja auch ohne meinen Hinweis, dass es ein halber kleiner Blumenkohl und 4 dicke Kapernäpfel waren, erfolgreich ausprobiert. :)
Liebe Annabella,
AntwortenLöschennix da, der bleibt. Außerdem ist er mittlerweile leer ;)
@anonym: Gewusst, wie! :)
Liebe Ursula, bitte, gerne :)
Liebe Susanne, same here :)
Yushka, Du Liebe! Wahnsinn, die Deutschen, oder? Wenn ich in der Öffentlichkeit sage, dass ich mich eigentlich ganz toll finde, aber halt alle anderen auch, einfach weil ich Menschen lieber toll finde als arschig, werde ich immer ganz komisch angeschaut.
Es gibt ja Schlimmeres als an Ottolenghi zu erinnern, danke dafür :)
Liebe Beate, der Geschmacksthesaurus ist sehr launig geschrieben, da macht das Lesen sehr großen Spaß!
Lieber Claus, bitteschön, gern gescheh'n :)