Wie oft wünscht man sich, der andere würde dahin verschwinden, wo der Pfeffer wächst. Das Problem ist: Viele wissen nicht, wo das ist
Lasst uns daher heute ein wenig in die Ferne schweifen und uns anschauen, was Pfeffer eigentlich ist, und woher er kommt
Echter Pfeffer
Echter Pfeffer, der seinen Zusatz “echter” erhalten hat, um ihn von den vielen pfefferähnlichen Gewürzen zu unterscheiden, stammt aus der Familie der Pfeffergewächse (Piperaceae). Er hat weltweit nur drei Stammpflanzen: Piper nigrum, piper longum und piper cubeba. Piper nigrum ist die einsamige, kugelige Frucht des bis zu 10 m hohen Kletterstrauches piper nigrum. Diese Schlingpflanze ist immergrün und besitzt auf dem Kopf stehendes herzförmiges Laub. An ihrem Stamm entwickeln sich an langen Stielen die Blütenähren von ca. 12 - 15 cm Länge, die sich selbst bestäuben und jeweils mehr als 50 Früchte tragen.
Der Pfefferstrauch kommt ursprünglich aus Indien, noch bis heute kommt von der indischen Süd-Westküste Malabar im Bundestaat Kerala, der berühmte Kerala- bzw. Malabarpfeffer. Von Indien, das bereits seit Jahrtausenden Pfeffer kultiviert, verbreitete sich der Anbau in verschiedenen Regionen Asiens. Seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wird Pfeffer auch in Brasilien auf riesigen Flächen angebaut, der von dort stammende Pfeffer ist allerdings weniger scharf und sehr viel weniger aromatisch als sein asiatischer Verwandter. Größter Pfefferproduzent der Welt ist Vietnam, von dort kommt auch wahrscheinlich der Pfeffer, den ihr ohne nähere Bezeichnung im Supermarkt zu kaufen bekommt und der sich in der Unzahl seltsamer “Bunter Pfeffer”-Mischungen verbirgt, die vom kulinarischen Standpunkt aus nichts anderes sind als bunt gemixte Schießpulver.
Vegetation
Pfeffer ist eine Tropenpflanze. Er benötigt feuchten, humusreichen Boden, hohe Luftfeuchtigkeit, und wenig Niederschläge bei ebenso wenig Temperaturschwankungen. Ihn im heimischen Garten zu kultivieren, ist also eher schwierig. Noch vor dem echten Pfeffer, war in Europa der Langpfeffer (piper longum) bekannt. Auch seine Früchte stammen von einer Kletterpflanze aus der Familie der Pfeffergewächse. Er bildet bis zu 5 cm lange kolbenartige Fruchtstände, die an die Frucht der deutschen Birke erinnern. Angeblich wurde er von Alexander dem Großen aus Indien nach Europa eingeführt. Bis zum 17. Jahrhundert wurde langer Pfeffer in ganz Europa als Heil- und Gewürzpflanze genutzt, später aber vom echten piper nigrum verdrängt. Verwendet langen Pfeffer stets frisch gestoßen, er entwickelt eine angenehme Schärfe und ein ingwerartiges Aroma, das an dunkle Schokolade erinnert.
An der dritten Pfefferpflanze, dem piper cubeba, wachsen die kleinen Blüten an Ähren, aus denen sich als Frucht an einem kleinen stielartigen Fortsatz schwarzbraune Kugeln entwickeln. Kubebenpfeffer besitzt im Vergleich mit schwarzem Pfeffer einen geringeren Schärfeanteil, jedoch haben seine ätherischen Öle eine höhere Intensität. Sein Aroma ist warm und holzig mit leichten Mentholnoten. Es gibt ihn nicht nur kultiviert sondern auch aus Wildsammlung. Dann sind seine Früchte kleiner und besitzen ein berauschendes Aroma, das an Dill erinnert.
Reifegrade
Schwarzer, grüner, weißer und auch roter Pfeffer, den ihr beim Gewürzhändler oder auch im Supermarkt kaufen könnt, stammt also immer von der gleichen Pflanze. Er wurde lediglich in verschiedenen Reifegraden geerntet, bzw. fermentiert.
Schwarzer Pfeffer
Die Früchte werden kurz vor der Reife gepflückt, in kochendem Wasser desinfiziert und anschließend getrocknet. Den Prozess, den die Früchte dabei durchlaufen, nennt man Fermentation, die die Fruchthülle schwarz färbt. Auf dem Höhepunkt seiner Reife ist Pfeffer am Strauch nie schwarz, sondern rot! Erst nach der Fermentation werden die Pfefferkörner von den Fruchtspindeln getrennt und abgesiebt.
Grüner Pfeffer
Grüner Pfeffer ist die unreife Frucht des Pfeffers. Der größte Teil der Ernte wird nach der Reinigung in Essig/Salz-Lösungen konserviert und wahrscheinlich von deutschen Autobahnraststätten aufgekauft, die daraus nach scharfem Eierkarton schmeckende “Grüne-Pfeffer-Saucen” für ihre Schnitzel oder Rumpsteaks kochen. Kauft grünen Pfeffer lieber getrocknet und gebt ihn frisch gestoßen über Erdbeeren, die ihr mit einem Glas Champagner genießt.
Weißer Pfeffer
Weißer Pfeffer ist eine Diva. Sein Herstellungsverfahren ist aufwendig, der Ertrag klein und darum teuer und je nach Herkunftsgebiet bringt er ein leichtes Kuhstallaroma mit, das sich jedoch beim Kochen verflüchtigt. Er wird vollreif - also als rote Frucht - geerntet. Anschließend wird die äußere Fruchthülle (Exocarp) gelöst. Dazu werden die Früchte einige Tage in permanent fließendem kaltem Wasser eingeweicht, und anschließend maschinell das Fruchtfleisch (Mesocarp) abgewaschen. Dann bleibt nur die helle Fruchthülle mit dem Samen (Endocarp) zurück , die anschließend getrocknet wird.
Roter Pfeffer
Roter Pfeffer ist die vollreife Frucht des Pfefferstrauches. Nach der Ernte wird er an der Sonne getrocknet, wobei er seine braun-rote Färbung erhält. Roter Pfeffer ist wohl der seltenste und unbekannteste aller Pfeffersorten. Berühmt für die Produktion ist die Provinz Kampot in Kambodscha. Bereits im 19. Jahrhundert war Indonesien der weltgrößte Pfefferproduzent, ächzte aber unter den hohen Abgaben, die es an die niederländischen Kollonialherren zahlen sollte, die ganze Jahresmengen einforderten. Als der Sultan von Aceh aus Protest gegen die Zahlungen seine gesamte Jahresernte verbrannte, verlagerte sich der Großteil der asiatischen Pfefferproduktion auf Kampot. Seitdem unter dem Terrorregime der Roten Khmer die meisten Pfefferplantagen in Reisplantagen umgebaut werden mussten, verschwand Kampot als Pfefferproduzent in die Bedeutungslosigkeit. Heute scheuen viele Bauern in Kampot den Pfefferanbau und gerade die Produktion des roten Pfeffers, denn starke Regenfälle können schnell eine ganze Jahresernte vernichten und die Fermentation durch Schimmelbefall verhindern. Große Mengen Pfeffers werden daher aus Vietnam eingeführt, in Kampot umgepackt und etikettiert, um das begehrte Label “Kampot Pfeffer” zu erhalten. Kauft den roten Kampot Pfeffer daher nur von vertrauenswürdigen Gewürzhändlern, die ihre Produzenten vor Ort kennen und zu diesen persönlichen Beziehungen pflegen.
Roter Pfeffer ist relativ weich und daher für die Mühle weniger geeignet. Zerstoßt ihn besser grob im Mörser und gebt ihn z. B. über eine vollreife Mango oder würzt weiße Kohlsorten mit ihm. Auch mit Pistazien und Himbeeren verträgt er sich sehr gut.
Und bitte achtet auf folgendes:
Rosa Pfeffer, der euch auf Speisekarten, Tellerrändern und in bunten Pfeffermischungen örks begegnen kann, ist KEIN Pfeffer, schon gar kein roter. Beim Rosa Pfeffer handelt es sich um eine Beerenart, die sehr mild schmeckt und keinerlei Schärfe (piperin) mitbringt. Es handelt sich vielmehr um Früchte des brasilianischen Pfefferbaumes, der zur Familie der Sumachgewächse gehört.
Wenn ihr also das nächste Mal jemanden loswerden wollt, z. B. weil er euch “Bunten Pfeffer” auf den Tellerrand mahlt, erklärr ihr ihm einfach direkt den Weg nach Indien oder Kambodscha.
Hinweis
Dieser Artikel erschien erstmalig 2015 in meiner Gewürzkolumne für Stern.online.
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