Es folgt eine Rezeptinspiration für eine wolkenweich geschmorte Ochsenschulter, die sich 4 Stunden lang bei einer Niedrigtemperatur (NT) von 80° C entfalten kann, und dazu gibt es köstliche Pfifferlinge, die eigentlich Quietscherlinge heißen müssten, gemeinsam mit zarten grünen Bohnen
Die Inspirationsquelle heute: Wolkenweich geschmorte Ochsenschulter nach Tim Mälzer
Ganz oft werde ich nach meinen Inspirationsquellen gefragt, und ich sage dann immer, andere Blogs, Bücher und vor allem Restaurantbesuche. Manchmal aber reicht es aus, wenn ich irgendwo einen Bericht über einen Restaurantbesuch von jemand anderem lese und so war das im heutigen Fall. Die FAZ tat so, als wolle sie nett über Tim Mälzer, bzw. sein Restaurant Bullerei schreiben und Autor Jakob Strobel erzählte von einer wolkenweich geschmorten Ochsenschulter mit Rosenkohlpüree und Nussbutter als Auftakt. Wenn ich aber nun erst einmal die Worte wolkenweich geschmort und Ochsenschulter in meinem Kopf habe, bohren sie sich wie die Seele eines Korkenziehers unaufhaltsam immer tiefer in mein Gehirn; sie bohren sich ganz tief in die Ecke, wo der Genuss schmatzend auf Inspiration wartet. Dem derzeitigen Angebot an köstlichem Gemüse geschuldet schied der Rosenkohl natürlich aus. Pfifferlinge und Bohnen, die ich für eine Liaison halte, die im Himmel erfunden wurde, wie überhaupt so ziemlich alles, was zur gleichen Zeit in der gleichen Region wächst und reift, himmlische Liaisons ergibt, begleiten meine heutige Ochsenschulter, die so wolkenweich geschmort ist, wie sie nur sein kann.
Dazu bestellte ich mir beim Metzger ein Stück Ochsenschulter, in diesem Fall für den ersten Testlauf nur 1,3 kg schwer. Mehr geht immer, nur weniger würde ich nicht verlangen, kleine Stücke schmoren sich weniger wolkenweich und lieber essen wir zwei Tage an einem Stück oder frieren Reste ein. Ach nee, Reste ... pfff ... vergesst meine letzten Worte ...
Hemmungsloser Sex oder Yoga während die Ochsenschulter im Backofen schmort – sucht euch einfach etwas aus ...
Wie so viele Schmorgerichte macht sich auch die geschmorte Schulter fast von alleine, ihr bratet sie zuvor gesalzen rundherum sanft in Olivenöl an, einmal auch senkrecht stehend auf dem Fettdeckel. Wer seine Ochsenschulter ohne Fettdeckel bestellt, erhält lebenslanges Blogleseverbot! Das Anbraten dauert mindestens 20 - 25 Minuten, wenn ihr weniger Zeit benötigt, arbeitet ihr mit zu viel Hitze! Dann die Schulter herausnehmen, warm stellen und im Bratenfett etwas Wurzelgemüse anbraten, wobei ich auf den etwas dumpf schmeckenden Sellerie verzichtet habe. Nur Zwiebel, zwei Karotten, der Strunk von einer frischen Knoblauchknolle und etwas Frühlingslauch waren mit von der Partie. Die Schulter kam dann zurück in den Bräter (ach ja, natürlich. Mein Lieblingsbräter*, ihr wisst ja und langsam müssen euch ob meiner Schwärmereien die Ohren überlaufen ...) Alsdann folgen ein Blubb Ketchup (im Gegensatz zu Tomatenmark habt ihr hier mehr Säure im Spiel), 2 Spritzer Sojasoße, Spätburgunder zum Ablöschen, 4 zerdrückte Samenkapseln grüner Kardamom (er bringt ganz viel Frische an die Soße!) und zwei frische Lorbeerblätter. Die Ochsenschulter liegt jetzt zur Hälfte im Schmorsud. Dann schiebt ihr den Bräter abgedeckt in den auf 90° C aufgeheizten Backofen, ihr stellt ihn einfach auf den Boden, regelt auf 80° herunter und geht ins Kino. Oder macht Yoga oder 3 Saunagänge mit Ruhepausen oder habt hemmungslosen Sex. Was auch immer, ihr habt jetzt jedenfalls 4 Stunden Zeit.Pfifferlinge waschen und grüne Bohnen blanchieren. Dann kommt die Gutebutter ins Spiel!
Die Pfifferlinge wascht ihr in Mehlwasser und lasst sie gut trocknen. Danach schneidet ihr die verbliebenen dreckigen Stellen an den Stielen ab und entfernt hartnäckige kleine Sandkörner mit einem sehr feinen Messer. Ohne Fett kommen sie in eine heiße Eisenpfanne, und während sie dort zischen, wendet ihr sie immer mal sanft um. Dabei quietschen sie laut, andere bezeichnen das als Pfeifen und daher haben sie auch ihren Namen. Pfeiferlinge. Quietscherlinge würde in meinen Augen besser passen, aber gut – mich fragt ja wieder niemand. Die zuvor blanchierten Bohnen kommen zu den Pfifferlingen und zum sanften gemeinsamen Garen spendiert ihr beiden jetzt einen Schlag Gutebutter, was ein Wort ist, nicht zwei! Salz, etwas Pfeffer, fertig.
Die geschmorte Ochsenschulter fällt nach 4 Stunden wolkenweich auseinander, daher nehmt ihr sie nun ganz sanft aus dem Bräter und haltet sie etwas warm, während ihr den Schmorsud absiebt, einreduziert und nach Bedarf leicht abbindet und nachwürzt. Wer mutig ist und gerne fruchtige Süße im Essen mag, püriert sich eine Aprikose in die Soße hinein – Aprikosenaroma ist eine Wucht zu Pfifferlingen(!), auch ein Löffel Honig an der Soße schadet nicht. Weiter würde ich das feine Aroma von Pfifferlingen, Bohnen und Ochsenschulter mit dem Hauch grünen Kardamoms nicht durch die Zugabe von Kräutern aus dem Gleichgewicht bringen.
Serviceteil
Der Bräter, in dem ich diese und andere Köstlichkeiten schmore HIER*, derzeit im Angebot!
Genießt euren Tag!
ich glaube, yoga und kinobesuche sind keine so guten aktivitäten , um die 4 stunden NT zu überbrücken, entwickelt man bei ihnen einfach zu wenig heisshunger, um über 1,3 kg fleisch und den restlichen spätburgunder herzufallen. was die restaurantkritiken von herrn Strobel angehen- ich kenne sie und finde sie auch recht unglücklich. anders als sein vorgänger jürgen dollase macht sich herr strobel keine mühe, irgendetwas wie die " linie" eines kochs, eines restaurants ausfindig zu machen, diesen " roten faden" zu beschreiben und vorallem zu überprüfen, wie dieser sich umsetzen lässt, sondern beschreibt mehr oder weniger launig kommentierend lediglich die einzelnen tellergerichte, die ihm vorgesetzt wurden. das ist für mich als gast aber komplett irrelevant, weil ich bei meinem besuch tage, wochen, monate später mutmasslich mit anderen gerichten konfrontiert werde bzw weil ich nach beschreibung einer parade von tellergerichten nicht in die lage versetzt wurde, überhaupt zu entscheiden, ob mir dieses lokal zusagt und ich es besucheb möchte.
AntwortenLöschenWhooooop! Heute nachgekocht. Es war einzigartig! Danke für das tolle Rezept!
AntwortenLöschenLiebe Astrid,
AntwortenLöschenNach den Bäckchen im letzten Jahr, möchte ich dieses Jahr zu Weihnachten die Schulter kochen. Für wie viele Personen hattest du denn die Schulter zubereitet? Ich plane mit 5,5 Personen und schwanke zwischen 2 oder 3 Kilo Fleisch. Welche Kerntemperatur hat das Fleisch nach den 4 Stunden ungefähr ?
Lieben Dank für deine köstlichen Inspirationen :-)
Matthias
Lieber Matthias, wir haben die Schulter zu zwei gegessen, hatten aber am nächsten Tag noch Reste (so weit ich mich erinnere, ist ja schon etwas her ...) Mit gut zwei Kilo kommst Du sicher hin, das sind ja dann rund 400 g Fleisch pro Person! Lass Dir auf jeden Fall ein schönes dickes Stück aus der Mitte schneiden.
LöschenDie Kerntemperatur habe ich nicht gemessen, ist ja bei Schmorfleisch nicht so wichtig. Ich tippe auf 75 °C.
Berichte mal, wie es euch geschmeckt hat, liebe Grüße!