7 formidable Tipps rund um das Geheimnis der "Frankfurter Grüne Soße" {Grie Soß} samt Rezept und einem wohlgemeinten Ratschlag: Macht eusch e ma net verrickt!
Meine ersten Begegnungen und Verkostungen von Frankfurter Grüner Soße
Meine erste Begegnung mit der Frankfurter Grünen Soße, oder auch Grie Soß, wie sie von den Bewohnern der mächtigen Bankenstadt liebevoll genannt wird, war so um das Jahr des Herrn 1996. Der rheinhessische Liebste lud mich nach Frankfurt ein und sagte mir, der schon immer an kulinarischem Lokalkolorit Interessierten, die esse man dort, sie sei quasi Frankfurter Nationalgericht. Ich fand damals komisch, ein Soße mit hartgekochten, kleingehackten Eiern zu essen, in die dann wiederum hartgekochte Eier gelegt wurden, aber gut. Sie schmeckte … interessant; die grundsätzliche Idee einer frischen Kräutersoße gefiel mir gut – bis auf die Sache mit den Eiern.
Die Jahre gingen ins Land, ich Norddeutsche machte es mir kommod in Rheinhessen und arbeitete mich derweil an Krachelscher ab, an gebratener Fleischwurst mit samtigem Kartoffelpüree – und an Spundekäs, vor ALLEM AN SPUNDEKÄS! Bis mir eines meiner bis heute liebsten Kochbücher vor die Kochlöffel fiel, das HANDBUCH SAUCEN von TEUBNER* Diesem Prachtstück von Saucenbuch verdankt dieser Blog – und ihr(!) Köstlichkeiten wie die berühmte Sauce Albert; die Superduperkrachersauce aus grünem Spargel zum Karottenflan oder auch meine heißgeliebte Senfmousseline. Und aus diesem Buch bereitete ich vor Jahr und Tag auch eine Frankfurter Grüne Soße, mit, was soll ich sagen, recht mäßigem Erfolg. Sie schmeckte mir nicht besonders, dem Liebsten gar nicht, und überhaupt war sie völlig anders, als ich sie vom Restaurantbesuch Jahre zuvor in Erinnerung hatte. Ich beharrte darauf, dass sie aber sicher genau so gehörte, also eigentlich, schließlich kam das Rezept aus DEM Buch und mir doch egal, was die Frankfurter sonst so zusammenrühren. Stur sein kann ich. Hannoveranerin halt.
Der Liebste und ich heirateten trotzdem, sein Trauzeuge war, natürlich^^, Frankfurter. Und mit Grie Soß anstelle von Muttermilch aufgewachsen! Ich lernte Julia kennen und lieben, DIE Grüne-Soße-Spezialistin unter den Bloggern – will heißen: Der Druck auf mich wuchs.
Letzes Jahr machte ich erstmals wieder Frankfurter Grüne Soße, ich fragte dazu vorher auf meiner Facebookseite nach, SICHER IST SICHER, und erntete einen Kommentarstrang von hier bis Timbuktu. Grüne Soße ist heißes Eisen, ungefähr so heiß, wie eine Diskussion um Spaghetti Carbonara oder die Wiener Garnitur. Oder Wiener Kartoffelgulasch, für das ich immerhin schon meinen Pass abgeben musste, damit ich auf keinen Fall jemals nach Österreich einreisen kann. NIEMALS! (Lest den Beitrag und vor allem die Kommentare, nehmt euch die Zeit, es lohnt sich!)
Es geht ja bei den Kräutern schon los. Sieben gehören hinein, genau geregelt hat das die Europäische Komission:
"... Eine Grie Soß (g.g.A.) sollte die sieben Kräuter Boretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch enthalten – und zwar in Form von frischen Blättern, Blattstielen und Triebspitzen. Diese pflanzlichen Zutaten müssen in Frankfurt am Main oder nahe der Stadtgrenze angebaut werden. Weiterhin ist geregelt, welchen Gewichtsanteil die einzelnen Kräuter haben dürfen. Keine Kräuterart darf mit mehr als 30 Prozent vertreten sein. ..." Nachzulesen hier.Wenn jetzt aber die Grüne Soße im nördlichen Hessen zubereitet wird, in Kassel zum Beispiel, dann darf natürlich Dill hinein, das ist für diese Region sogar quasi vorgeschrieben. Dann ist es aber halt keine Frankfurter Grüne Soße mehr, zu einer festen Herkunftsbezeichnung für Kasseler Grüne Soße haben es die Nordhessen jedoch noch nicht gebracht. Auch eine Salsa Verde ist eine Grüne Soße, italienisch zwar, aber grün.
Grüne Sauce ist in Europa bereits seit 2000 Jahren bekannt. Von den Römern wurde das Rezept aus dem Orient übernommen. In England sind erste Rezepte und Beschreibungen zu greensauces aus der Schrift De Utensilibus von Alexander Neckham dem 12. Jahrhundert bekannt. Die deutschen grünen Soßen waren früher zur Entschlackung im Frühjahr gedacht. Ein Straßburger Verlag veröffentlicht 1530 das Kochbuch „Von allen Speisen und Gerichten, Koch und Kellerey“ des Bartolomeo Platina, darin ein Rezept von „Güt grün Salsen von Kreuttern“ (Salse ist eine altertümliche Bezeichnung für Soße). Walther Hermann Ryff empfahl 1545 „zum gebraten .... grüne Salsen“ in seinem „New Kochbuch für die Krancken.“ Quelle.
Ich habe in den letzten Jahren für mich 7 Dinge, die Frankfurter Grüne Soße betreffend, gelernt:
- Ich mag die Kresse darin sehr, auch gerne viel; auch wenn Julia, meine persönliche Frankfurter-Grüne-Soße-Instanz, Kresse eher zaghaft bis gar nicht einsetzt
- Ich weiß nun auch, warum uns damals die Grüne Soße aus dem ansonsten so tadellose Handbuch Saucen von TEUBNER nicht geschmeckt hat: Das dortige Rezept schreibt als Basis eine Mischung aus Crème Fraîche und Schmand vor. Crème Fraîche geht echt gar nicht!
- Ich mag es weniger, wenn das Eiweiß der hartgekochten Eier für die Soßen-Basis gestückelt in der Grünen Soße landet – vor allem, wenn sie dann mit ganzen hartgekochten Eiern serviert wird. Ganzes Ei in Soße mit Ei finde ich immer noch seltsam, jedenfalls, wenn die Soßen-Eier in Teilen noch sichtbar sind
- Ich mag sehr die Kombi von Joghurt und saurer Sahne als Basis, mir gefällt allerdings die von Robert Mangold, Geschäftsführer der Tigerpalast-Gastronomie, des Zwei-Sterne-Restaurants Lafleur und des Caféhauses Siesmayer, vorgeschlagene Variante mit Quark und saurer Sahne auch gut – die Soße wird dann etwas kompakter
- Ich gebe ganz klar frisch gepresstem Zitronensaft oder Verjus* den Vorzug gegenüber Essig. Und das ist in meinen Augen überhaupt das Geheimnis einer guten Frankfurter Grünen Soße: die Säure! Seid hier nur nicht zu zaghaft! Und gebt dem Verjus den unbedingten Vortritt, auch noch vor dem Zitronensaft!
- Weglassen ist besser, als hinzufügen! Bekommt ihr die nötigen Kräuter für die Frankfurter Grüne Soße nicht, beschränkt euch auf Petersilie, Schnittlauch, Kresse und Kerbel – die vier sind fast ganzjährig in kleinen Töpfen erhältlich. Widersteht Experimenten mit weiteren Kräutern; verzichtet auf Bärlauch, Basilikum und Beifuß, sowie weitere Kombinationen. Im Kräuternotfall ist tatsächlich weniger mehr!
- Bereitet die Frankfurter Grüne Soße wann immer möglich am Vortag zu! Die Möglichkeit zum Durchziehen hebt den Geschmack dramatisch; ebenso wichtig ist es, sie nicht kühlschrankkalt zu servieren!
Mein persönliches Lieblingsrezept ist derzeit dieses, für zwei Personen:
- Die oben genannten Kräuter in wechselnder Zusammensetzung, wobei: Schnittlauch, glatte Petersielie, Kresse und Kerbel meine persönlichen Hauptbelastungszeugen sind; der Rest ist förmliche Begleitung
- 2 hartgekochte Eier, nicht zu hart, eher so knapp nach wachsweich
- 125 g saure Sahne
- circa 65 g Joghurt 3,5 %
- circa 65 g Quark 40 % Tr.
- Salz, Pfeffer, Verjus*, ersatzweise frisch gepresster Zitronensaft
- 1 gestrichener TL Senf, mittelscharf
Die Eier kochen, abkühlen lassen, pellen. Eier mit sämtlichen Zutaten in einem guten Blender nicht zu fein mixen. Die Soße soll natürlich grün werden, es sollen aber noch Kräutersprengsel erkennbar sein. Energisch würzen!
Dann könnt ihr die Frankfurter Grüne Soße immer wieder neu kombinieren. Zu Eiern eh klar, das schmeckt sogar mir sehr gut – wenn man eben die Eier in der Soße nicht sieht. Mit Kartoffeln wird es eine sehr sättigende Mahlzeit.
Zu im Ofen gebackenem Romana-Salat, was schon ganz gut war, aber noch kein Boah, da muss ich nochmal dran, mit Farbe und Knackigkeit, vielleicht Radieschen? Oder doch sautierte Kartoffelwürfel? Bratkartoffelwürfel? Das wird schon ...
Und jetzt ihr: Wie und womit esst ihr die (Frankfurter) Grüne Soße am liebsten? Was darf hinein, was muss, was auf gar keinen Fall? Oder habt ihr das ultimative Familienrezept für Grüne Soße auch außerhalb der Frankfurter Stadtmauern? Ich bin sehr gespannt und freue mich auf eure Vorschläge und Rezepte!
Serviceteil
- Das tolle Handbuch Saucen von Teuber*, HIER als günstige Sonderausgabe
- Ein absolutes Schätzchen, ein Kleinod unter den Grüne-Soße-Kochbüchern: Grüne Soße – Die besten Rezepte von Ingrid Schick, HIER* (Mit tollen Rezepten von Robert Mangold, Andre Großfeld, Michael Kammermeier, Carmelo Greco und vielen anderen!)
- Der Teller mit dem gebackenen Romana-Salat stammt von RÄDER, erhältlich HIER*
Genießt euren Tag!
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"Energisch würzen!" Diese Anweisung liebe ich! - Lustigerweise führten der Mann und ich dieser Tage ein Grüne-Soße-Gespräch und NUN, ermutigt durch Deinen Post, werde ich sie auch mal selbst machen... Bei all dem Nimbus hat man ja fast ein Gefühl von Vermessenheit, sich als Nordrhein-Westfälin da ranzutrauen. :-)
AntwortenLöschenPfff ... wenn ich mich fas als Norddeutsche traue, fann Du auf jeden Fall auch! 😄
LöschenEin Teelöffelchen mittelscharfer Senf (z.B ABB Mostert aus Düsseldorf) schadet ganz und gar nicht. Ansonsten nicke ich Dein Rezept ab, auch wenn ich, wäre ich Lehrerin, als Kommentar an den Rand Deiner Arbeit schreiben würde: „Quark? Interessanter Gedanke!“ und „Wo ist die Pimpinelle?“. Denn für mich ist Pimpinelle das Geheimnis einer guten grünen Soße. Sie wächst überall, ist winterhart, anspruchslos und hübsch anzusehen. Das Anpflanzen lohnt sich also!
AntwortenLöschenSenf - absolut! Mache ich rein und habe ich eben nachgetragen 😊 Pimpernelle steht ja oben als eines der sieben vorgeschriebenen Kräuter. Sie wächst wirklich toll und unkompliziert, ich hatte jahrelang einen kleinen Kübel auf der Terrasse, Sommer wie Winter. Dann hat der Oleander sie mit Rost angesteckt, nächste Woche pflanze ich neue.
LöschenIch habe extra für unsere Grüne Soße hier in Ostfriesland auf dem Balkon Pimpinelle angepflanzt :-) Da wir von 3 Jahren an die Nordseeküste ausgewandert sind, sind Grüne Soße und Kochkäse die einzigen Dinge, die ich wirklich vermisse.
AntwortenLöschenDanke für Deinen Post, ich sitze mit einem glücklichen Lächeln vor dem Laptop!
Gruß Margot S.
Freunde von uns sind vor Jahren von Wiesbaden nach Osnabrück gezogen. Bei jedem Besuch habe ich Schwälbchen-Spundekäs mitbringen müssen, weil es den "da oben" in keinem Supermarkt gibt. (Selbermachen kam nicht infrage 🙄)
LöschenUnbedingt Senf dazu! Und ich will immer noch ne Gewürzgurke mit dazu geben.
AntwortenLöschenMeine Mutter schwört auf selbstgemachte Mayonnaise als Grundlage-ich bin von der Joghurt Fraktion. Also besser nicht nach dem Rezept fragen, wenn wir beide in einem Raum sind.
Als Beilage gibt’s bei uns häufig Tafelspitz oder Bug:)
Mein niedersächsischer Mann findet grüne Sauce wundervoll, seine Mutter ist auch schon bekehrt.
... AWWER das Mixen der Kräuter geht GAR nicht... Hacken mit dem Messer ist angesagt! (notfalls nur etwas der Petersilie mixen, für die Farbe...)
AntwortenLöschenAuf diesen Kommentar habe ich ja die ganze Zeit schon gewartet :))))
LöschenDas mit den Eiern ist die Basisvariante, aber zarter Tafelspitz oder gekochte Ochenbrust darf auch sein.
AntwortenLöschenJa klar, guck zum Beispiel mal hier: https://www.arthurstochterkochtblog.com/2019/06/rezept-picanha-sous-vide-beste-garzeit-temperatur-anleitung-spargel-grune-sosse-foodblog.html
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