Sie sehen: eine ziemlich leckere Resteverwertung. (Uiiii, sie hat das böse Wort gesagt – nein, nicht Reste. Lecker. Lecker darf man nämlich nicht sagen. Nicht, wenn man im Foodbereich ernstgenommen werden will. Aber wie schon Karlsson vom Dach zu sagen pflegte: Das stört keinen großen Geist. Wo war ich? Ach ja, Reste. So war das nämlich:
Das ist hier ein Mutmacherblog. Ideenanschiebeblog. Hilf-mir-es-selbst-zu-tun-Blog. Leckeressen-Blog. Launige-Filmzitate-in-Essensgeschichten-einbinden-Blog. Manchmal gar ein Sarkasmus-im-Essen-Blog. Wisst ihr ja. Was das hier nicht ist: Ein man-nehme-Rezepte-Blog
Es gibt natürlich immer mal Menschen, die stolpern hier hinein und denken dann, jo, scheint lecker, aber wo verdammte Hacke ist das Rezept. Dann schreiben sie mir böse Mails, was der Mist soll, und dass sie das nicht gutheißen und deswegen jetzt auch meinen Blog nicht mehr lesen würden. Und dann denke ich, ach wie gut, mission accomplisched damit a Ruh ist. Jetzt ist es aber seit Monaten so erstaunlich ruhig an der aufgebrachte-Emails-verschicken-Linie, dass die Zeit reif ist für das hier: Resteverwertung ohne Rezept und dann auch noch mit eher nicht mehr so ganz frischem Käse. Mal sehen, was kommt.
Was da war:
Ein Stück von mir vor Wochen oder Monaten (wer weiß das schon) vakuumierter Pecorino. Ich kaufe halt immer einen Brocken, wenn ich zum Urlauben Einkaufen nach Kleinitalien fahre, und verwende ihn, wie es grad' passt. Das stetig kleiner werdende Reststück vakuumiere ich geflissentlich immer wieder neu – so hält es deutlich länger. Und je kleiner es wird, desto tiefer wandert es nach hinten in die dunklen, unaufgeklärten Ecken meines Kühlschranks, diese Ecken völliger Dunkelheit, in die sich kaum noch jemand wagt und in denen Ridley Scott vielleicht Prometeus, dunkle Zeichen, Teil 4 drehen könnte.
Nun, und aus einer dieser Ecken holte ich vor ein paar Tagen ein Stück vakkumierten Pecorino hervor, schnitt die Tüte auf und ... wurde kurz mal ohnmächtig. Als der Geruch der Pecorinokäsekulturen verflogen war (20 Minuten Durchzug in der Wohnung) und das Riechsalz Wirkung zeigte (ich fühlte mich sooo Greta Garbo als Kameliendame, ihr ahnt es nicht!), habe ich die angeranzten Seitenränder abgeschnitten, das Ding in den Thermomix geschmissen, einen Schuss Weißwein draufgekippt, etwas selbstgemachte (frische! hehe) Geflügelbrühe hinterhergeschüttet, aufgemixt und unter ständigem Rühren in knapp dreißig Minuten zu einer köstlichen Sauce zusammenschmelzen lassen.
Dann fielen mir gedörrte Champignons ein. Meine Nachbarin rettet organisiert food per app und hat dann ständig steigenweise Zeugs rumstehen, dass sie nicht verarbeiten kann. Und machmal landet etwas davon vor meiner Haustür – so neulich ein Kilo Champignons, aus dem mein Dörrautomat immerhin ein vollgestopftes 400-ml-Glas Umami dehydriert hat. Von dieser Geschmacksbombe wiederum wanderte ein Esslöffel in die Sauce, der Thermomix machte Kleinholz, also Kleinpilz daraus und das Ganze wurde ein einziger cremiger Käsesaucentraum. #slörp
Abgeschmeckt mit Pfeffer aus der Mühle und wenig Salz; parallel dazu schmurgelten Pankobrösel in brauner Butter, die für den späteren Crunch sorgten. Spaghetti gekocht, unter die Sauce gehoben, fertig.
Warum ich das überhaupt erzähle?
Weil für mich dieser angegammelte Pecorino tatsächlich so etwas wie eine kulinarische Entdeckung war – ganz vielleicht habe ich gestern schon wieder ein Stück ganz nach hinten in den Kühlschrank in die "Vergessen-Ecke" geschoben. Und natürlich, um zu zeigen, dass es sich sehr oft lohnt, einfach mal aus dem Handgelenk loszukochen und dann zu schaunen, was daraus wird. Und natürlich so als kleine Anregung, dass landläufig als "drüber" geltende Lebensmittel nicht unbedingt mit spitzen Fingern entsorgt werden müssen. Auch ein MHD bedeutet schließlich nur "mindestens haltbar bis" und nicht "tödlich ab". Und zuletzt: So schlimm wie Surströmming muss erstmal was werden. Fisch, der in Dosen vor sich hinverrottet – da kommt kein halbvergammelter Pecorino mit. Oder?
Serviceteil
Teller: ASA, Serie À Table Ligne Noire, HIER*
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Keine Sorge, ich rufe jetzt nicht nach dem Rezept. Ich gehöre nämlich auch zur Fraktion der Resteverwerter und dabei was Leckeres(da, jetzt hab ich es auch getan!)-Kochen-Fraktion. Nicht selten entstehen dabei neu Lieblingsrezepte.
AntwortenLöschenSchade finde ich, dass heutzutage viele Menschen offenbar
a) an den Tod nach MHD glauben und
b) der Mut (oder die Phantasie??) zur Resteverwertung drastisch geschwunden ist.
Woran mag's liegen? An Deinem Blog sicher nicht!
Tatsächlich, Fantasie ist zu einem raren Gut geworden, in jeder Beziehung. In kulinarischer Hinsicht stemme ich mich schon von jeher dagegen, dieser Blog zeugt davon – wie Du ja auch weißt. Um den Rest müssen sich dann andere kümmern :)
LöschenIch bin das erste Mal zu diesem Rezept - Kabeljau-Loin in Gin-Wacholder-Estragon-Kapern-Senfsauce mit in Muscovadozucker karamellisiertem Chicorée - in deinen Block gestolpert. Das klang so gut, dass es einfach auch ohne Mengenangaben ausprobiert werden musste. Und was soll ich sagen - es war lecker! Halt dich also bloß nicht zurück mit derlei unpräzisen Rezeptideen, die machen nämlich kreativ.
AntwortenLöschenAch wie schön, liebe Synke, das freut mich sehr! Schön, dass Du geblieben bist und immer noch mitliest. Viel Spaß weiterhin!
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