Tschüss Oktober

Tschüss Oktober! Mein Rückblick auf den vergangenen Monat, mit den schönsten Links, besten Rezepten und allem, was sonst noch so los war …

Tschüss Oktober! Mein Rückblick auf den vergangenen Monat, mit den schönsten Links, besten Rezepten und allem, was sonst noch so los war …

Glaskörperabhebung

Auf einmal waren sie da, diese Blitze im Augenwinkel. Tage zuvor habe ich meine Brille energisch wie selten geputzt, diese elendigen Essigfliegen aus den Weinbergen. Überall in der Wohnung und jetzt kacken sie mir schon auf die Brillengläser. Allein – die Brille war sauber, die Pünktchen rieselten in meinem linken Auge. Dann begannen die Blitze und mir wurde etwas mulmig. Migräne? Ganz sicher Migräne. Das Arbeiten am Bildschirm wurde beschwerlicher, meine Augen immer müder. Eine ringförmige Trübung kam hinzu, die meinem Blick folgte und mir mitten im Auge lag. Miriams Partner ist Notfallsanitäter (früher: Rettungsassistent) und meinte, sofort zum Arzt, das klingt nach Problem mit Glaskörper oder Netzhaut. Kein Durchkommen bei der Augenärztin, kein Facharzt, nirgends, daher Anruf in der Augenklinik-Ambulanz der Uniklinik Mainz. Bandansage „Sehr geehrte Patienten, aufgrund einer technischen Störung unserer Telefonanlage sind wir bis zum … nur per Fax zu erreichen“. Fax in die Uniklinik, Deutschland 2022. Ich schickte ein Fax mit dick DRINGEND und den Symptomen, Angaben zur Person, Geburtsdatum, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, vielleicht hätte ich eine Eule schicken sollen. Es meldete sich: niemand. 

Die Uniklinik Mainz ist lediglich fünf Autominuten von meinem Büro entfernt, ich war gottlob ausnahmsweise an dem Tag mit dem Auto nach Mainz gefahren. Ich parkte also in der dortigen Halsabschneider-Tiefgarage und meldete mich bei der Ambulanz. 

Dort erstmal Anschiss, warum ich nicht zur Augenärztin gegangen sei. Ich sach, ich hab gar keine. Egal, trotzdem. Ich sach, ich hab’s versucht, ich komme wirklich nirgendwo durch. Egal. Dann: Wo ist ihre Überweisung? Ich sach, ich hab’ keine, ich mache mir aber große Sorgen, mein Schwiegersohn ist Rettungsassistent (Exkurs: Das ist in Deutschland die höchste nichtärztliche Qualifikation, die haben also wirklich Ahnung), und er meint, es klinge nach Netzhautablösung, ich solle sofort in die Ambulanz. Bringen Sie uns in den nächsten zehn Tagen eine Überweisung, sonst stellen wir Ihnen eine Millionmilliarde in Rechnung. Außerdem hätten Sie auch hier einen Termin machen müssen! Ich sach, als Notfall? Und überdies habe ich ein Fax geschickt, ihr Telefon ist kaputt. Egal. Wo ist Ihre Karte? Und denken Sie an die Überweisung, sonst Millionmilliarde. 

Im Kasernenton durch eine Glasscheibe brüllend musste ich dann meine persönlichen Angaben machen, hinter mir circa fünfundzwanzig Menschen im offenen Wartebereich. Tout Mainz kennt jetzt also meine Krankenkasse, meine Symptome und meine Telefonnummer. Wenn ich aber meine Laborergebnisse per E-Mail geschickt haben möchte, geht das nicht wegen Datenschutz. Deutsche Vorschriften. Niemand versteht sie, alle machen sich damit gegenseitig nur noch das Leben schwer. 

Was ich an dem Tag gelernt habe und da lag auf meiner Seite wirklich ein fundamentales Missverständnis vor: Eine Krankenhaus-Ambulanz ist nicht für Notfälle gedacht. Gibt es einen ärztlichen Notfall, und ist kein Arzt zu erreichen, wendet man sich als Erstes an den ärztlichen Notdienst. Die Telefonnummer hierfür ist die bundesweite 116 117. Dort werden Symptome abgefragt und dann entschieden, ob Arzt, Notdienst oder Krankenhaus angebracht ist. Aber: Wenn jemand mit solchen Symptomen, wie ich sie hatte, in einer Ambulanz aufschlägt, wird sie nicht weggeschickt, das hätte nämlich tatsächlich böse enden können. 

Ich habe also eine Glaskörperablösung am linken Auge, am rechten geht es jetzt auch los. Das ist ein normaler Alterungsprozess, der bei den meisten eintritt – in der Regel im Alter zwischen vierzig und sechzig Jahren. Klar, da bin ich mit meinen neununddreißig natürlich am unteren Rand 😇, aber Kurzsichtige haben eine höhere Disposition für einen spürbaren und lästigen Verlauf. Es ist also bis hierhin nichts Schlimmes – ich muss das jetzt nur regelmäßig kontrollieren lassen. Und, falls sich eine Art Asche-Regen im Auge bildet oder gar ein schwarzer Balken ins Sichtfeld schiebt, dann ist Alarm, und dann darf ich auch Tag und Nacht sofort ins Krankenhaus fahren. Denn dann hat es zusätzlich zur Glaskörperablösung auch noch einen Riss in der Netzhaut gegeben und der muss sofort operiert werden, weil sonst Erblindung droht. Derzeit warte ich also, bis der Prozess in meinem Auge irgendwann abgeschlossen ist, dann verschwinden auch die Pünktchen, die Blitze und der Kollagenring, der mir derzeit noch im Sichtfeld herumschwimmt. HIER könnt ihr das nachlesen. Stellt ihr solche Symptome bei euch fest, glaubt nicht an Migräne, geht sofort zur Ärztin, das ist sehr, sehr wichtig! Einmal zu viel gewartet kann euch hier das Augenlicht kosten! 

An Bloggen war kaum zu denken, die Arbeit am Bildschirm ist zurzeit immens anstrengend für mich. Freitag dann, am Tag nach der Untersuchung in der Uniklinik bin ich zu Miriam nach Berlin gefahren, mit dem Auto. Aus Termingründen kam eine Bahnfahrt nicht infrage. Und außerdem, € 180,00 hin und zurück, trotz Buchung sechs Wochen zuvor. Diese Wochenendfahrten sind einfach unfassbar teuer. Also bin ich zähneknirschend in meinen Twingo gestiegen, mit Sorgen um die Augen im Gepäck, Staus ohne Ende, Regen ohne Ende, acht Stunden für 539 km. Es war die Hölle und als ich Sonntagabend wieder zu Hause ankam, war ich durch wie selten. Aber, was wirklich schön war: Da ich bekannterweise Individualverkehr verabscheue, habe ich meine Mainz – Berlin – Mainz-Fahrt natürlich bei BlaBlaCar angemeldet. Und hin und zurück jeweils zauberhafte Iranerinnen und Iraner mitgenommen, die an der an dem Wochenende in Berlin stattgefundenen Demonstration gegen die Unterdrückung der Proteste im Iran und gegen das Mullah-Regime teilnahmen. Mein kleines Auto war also ein Wochenende lang quasi Revolutionsfahrzeug – und ich um neue Freunde und rudimentär erlangte persische Sprachkenntnisse reicher. Kann ein Wochenende schöner enden? 

Kultur im Oktober

  • The Serpent Queen, Amazon Prime, über den Channel Lionsgate buchbar* Sensationelle Serie, die das Leben der Katharina von Medici aus ihrer eigenen Sicht erzählt. Fette Guck-Empfehlung, ich habe die acht Folgen innerhalb von zwei Tagen weggeatmet. Hier die Besprechung in der FAZ.
  • For all Mankind, Apple TV+. Ich bin erst bei der zweiten Staffel, aber bitte, wie toll ist das denn! Unter der Prämisse, dass die Russen vor den Amerikanern auf dem Mond waren, wird nicht nur die Geschichte der amerikanischen Raumfahrt und der NASA erzählt, sondern vor allem gesellschaftliche Relevanz verhandelt. Großartiger Cast, tolle Ausstattung, eine nachgerade perfekte Serie! Hier die Besprechung bei Zeit online.
  • Der Mist des Monats: Spencer, Amazon Prime. Ich habe nach vierzig Minuten entnervt abgebrochen. Und wo wir beim Mist des Monats sind – dann brauche ich es mir nicht für den nächsten Rückblick merken: Inside Man auf Netflix. Das ist so, so schlecht! Und ich war erst überglücklich, die Story klang toll, im Cast David Tennant und Stanley Tucci – was soll da schiefgehen können? Nun, alles! 
  • Die Erfindung der Wahrheit, Amazon Prime, Arthouse-Channel*. Der Film ist von 2016 und ich habe ihn bereits nach seiner Veröffentlichung gesehen, aber er gefiel mir jetzt sogar noch besser. Vielleicht, weil wir jetzt im Zeitalter der Fake News leben? Jessica Chastain spielt Elisabeth Stone, eine brillante und völlig skrupellose Lobbyistin, die sich für ihre Machenschaften in einer Anhörung vor dem Senat verantworten muss.
Jessica Chastains differenziertes Spiel in dieser zwiespältigen Rolle ist ein Ereignis. Eine hochintelligente Frau, die das Gute mit schlimmen Mitteln will. Dabei enthüllt der starke Thriller auch noch, welche manipulativen Prozesse hinter politischen Entscheidungen der Politiker stehen, beeinflusst und gesteuert von Menschen ohne Mandat wie Miss Sloane, die niemand gewählt hat. Knut Elstermann


Podcast-Empfehlungen


Im Blog


Brot mit weichem Ei und Achovisbutter. Tschüss Oktober! Mein Rückblick auf den vergangenen Monat, mit den schönsten Links, besten Rezepten und allem, was sonst noch so los war …

Lamm-Chili mit weißen Bohnen. Tschüss Oktober! Mein Rückblick auf den vergangenen Monat, mit den schönsten Links, besten Rezepten und allem, was sonst noch so los war …

Anschließend habe ich die zweitbeste Polenta meines Lebens gekocht und mit der Anchovibutter vom Sonntagsfrühstück eine Umami-Bombe für Spaghetti Carbonara gezündet. 

Die zweitbeste Polenta der Welt. Tschüss Oktober! Mein Rückblick auf den vergangenen Monat, mit den schönsten Links, besten Rezepten und allem, was sonst noch so los war …

 
Spaghetti mit Carbonara-Sauce und extra viel Umami. Tschüss Oktober! Mein Rückblick auf den vergangenen Monat, mit den schönsten Links, besten Rezepten und allem, was sonst noch so los war …

Aus den Blogs

  • Der Monatsrückblick von Nic. Streng genommen gehört dieser natürlich in meinen zukünftigen Rückblick für November. Aber auf ihre Fülle von Informationen und Links zu Unterstützungsmöglichkeiten für die Frauen im Iran, für die Ukraine und vieles mehr, möchte ich euch nicht einen Monat warten lassen. Außerdem möchte ich sie küssen für ihren kleinen Rant zum Butter-Board-Trend. 2018 waren wir gemeinsam auf Kreuzfahrt, ich lieb’ sie eh! Nic sieht eher den gesundheitlichen Aspekt, ich einfach nur eine ekelhafte Schmiererei, aber wir sind uns am Ende einig. Kann weg, braucht kein Mensch, SEID IHR ALLE BEKLOPPT GEWORDEN?  Die Dinge im Oktober.
  •  Irgendjemand (sorry, ich KANN das nicht verlinken, auch ich habe Grenzen) postete neulich ein Butter-Nutella-Board und eine Sekundenverzögerung lang dachte ich, ach wie geil, jetzt kommen wir der Sache endlich näher. Aber dann: Wie sieht denn das aus, wenn da erstmal jemand seine Brioche durchgezogen hat? Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: SEID IHR ALLE BEKLOPPT GEWORDEN?
  • Nicht besonders gut. Frau Haessy. ❤
  • Julia kocht indische Blumenkohlsuppe, wie köstlich ist das bitte! Die Wärme dieser Suppe strahlt vom Bauch in alle Glieder, dann in den Kopf und vibriert schließlich an der Stelle, an der die Zufriedenheit sitzt. 
  • Herr Bührer folgt meiner Empfehlung für geschmortes Suppenfleisch, danke dafür! Habe für den kommenden Monat ebenfalls etwas vorbereitet :D 

Die Links. Read this:

  • Hass-Magneten. Omnisophie von Gunter Dueck
  • Die Unheiler. Undercover Story: Wie HeilpraktikerInnen einen Krebspatienten behandeln. Heise online
  • Sind Sie ein guter Liebhaber, Herr Jauch? Erinnerung an Roger Willemsen. Die Deutsche Kinemathek zeigt 130 Folgen der legendären Sendung „0137“ mit Roger Willemsen. (Und ich habe sie damals als Premiere-Abonnentin der ersten Stunde wohl alle gesehen), via Tagesspiegel
  • Frauen wird mal wieder geraten, sich schön jung zu halten.  Sich so zu stylen, dass Sie sich jugendlich fühlen, ist ein effektives Elixier, um die schlechte Laune zu vertreiben und sich gut zu fühlen, aber es gibt Fallstricke, die Sie vermeiden sollten.  Mein Fallstrick sind da eher Bullshitartikel wie diese und man möchte mit Max Liebermann antworten; oder mindestens mit Roger Willemsen und auch hier jemandem gepflegt die Scheiße aus dem Leib prügeln … 
  • Die Berliner Zeitung fragt: Darf ich als Veganer Feigen essen? Spoiler: Ihr dürft alle essen, was ihr wollt! Aber davon abgesehen – der Artikel ist interessant und ich habe es vorher nicht gewusst! 
  • Musste sterben. Die Floskel des Monats
  • WDR-Doku: WM der Schande – wie der Fußball in die Wüste kam. FAZ
  • Das Narrativ von der nicht lohnenden Arbeit. Daten und Erläuterungen vor dem Hintergrund des geplanten Bürgergeldgesetzes. Portal Sozialpolitik
  • Zu Weihnachten kommt man früher aus dem Gefängnis, zu Ostern nicht. In den kommenden Wochen werden bundesweit hunderte Menschen vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. Möglich machen das Weihnachtsamnestien der Landes-Justizminister:innen. Das Verfahren ist intransparent und erscheint willkürlich – vor allem für Gefangene in Bayern und Hamburg. Frag den Staat.
  • Dreckigster Mann der Welt stirbt. Spiegel online
  • Gefährlicher Glaube. Als die Industrialisierung den Menschen Angst einjagte, entstand die Lebensreformbewegung. Eine der Reaktionen auf den Vietnamkrieg war der New-Age-Spiritualismus. Während der Corona-Pandemie liefen viele Impfkritiker Verschwörungstheoretikern in die Armen, bis hin zu QAnon-Sektierern. „In Krisenzeiten entfaltet Esoterik als Welterklärungsmodell offenbar eine besondere Anziehungskraft“, schreiben Pia Lamberty und Katharina Nocun in ihrem neuen, an die Vorgänger „Fake Facts“ und „True Facts“ inhaltlich anschließenden Buch. FAZ
*

  • NYC First US City to Serve Plants by Default in Hospitals. Nationally and globally, political leaders are waking up to the role animal agriculture and food plays in the climate and health crises. Now, New York City is trailblazing a healthier future by completely flipping the script on America’s harmful food norms—and serving plants by default.
  •  Wir müssen ehrlich bilanzieren, was der Status Quo kostet. Transformationsforscherin Maja Göpel über die Folgen unseres Wirtschaftens, Preise, die die ökologische Wahrheit sprechen, und inwiefern Kipppunkte auch positiv sein können. Frankfurter Rundschau

Aussicht in den November

Es gibt Pappardelle mit Beef Ribs und Ricotta, göttlich! Ich werde Grießbrei für Herrn Uwe kochen, schwöre; und dann habe ich da noch einen Besuch bei der Augenärztin, welcher einer Butterfahrt mit Heizdeckenverkauf glich. IgeL-galore! 



  Make lecker great again!                                                                                                                                            
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Arthurs Tochter

Astrid Paul, die Autorin von Arthurs Tochter kocht., ist besessen vom Essen. Sie wacht manchmal nachts auf, weil ihr im Traum Essensdüfte durch die Nase ziehen. Dann steht sie auf und fängt an zu kochen. Oder zu schreiben. Vielleicht kocht sie auch nur, um darüber schreiben zu können, wer weiß das schon...

4 Kommentare :

  1. Liebe Astrid, ich wünsche dir schnell gute Besserung. Die Erfahrungen, die man so mit dem Gesundheitssystem, gerade als Kassenpatient macht sind oft nicht schön, aber ich sage mir immer, in anderen Ländern ist es schlimmer (wahrscheinlich ;-)) Danke für deine ewig guten Tipps, du bist wie immer ein Inspiration. Heute gibts weiße Bohnensuppe von deinem Blog :-) Liebste Grüße Steffi

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    1. Hallo liebe Steffi, hmmm Bohnensuppe! Da bekomme ich direkt Hunger! 😅. Zum Thema Kassenpatientin kannst Du Dich dann schon einmal auf den nächsten Monatsrückblick freuen. 😉 In der Uniklinik Mainz war da kein Unterschied auszumachen, bei der niedergelassenen Augenärztin sehr wohl. Hab einen schönen November und lass Dir die Suppe schmecken!

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  2. "... war nicht zu denken." Und ich dachte schon, der Oktober kommt nochmal zurück, weil er einfach nicht verabschiedet wird

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